Bestand
Bolthausen (Julius sen. und jun., Arthur) (Bestand)
Vorwort Der Nachlass enthält 75
Aktenstücke mit Dokumenten verschiedener Art und 15 Fotografie- und
Urkundenmappen über den Geber Julius Bolthausen jr. (1913-), seinen Vater
Julius Bolthausen sen. (1868-1947) und seinen Bruder Arthur Bolthausen
(1897-1981). Die drei Männer wurden im Solinger Bezirk geboren und
verbrachten hier den größten Teil ihres Lebens. Der Bestandsteil A (26
Aktenstücke und Bücher, 9 Fotomappen) bezieht sich auf Julius Bolthausen
sen., Teil B (41 Aktenstücke, 7 Foto- und 1 Urkundenmappen) auf Julius
Bolthausen jr. und Teil C (6 Aktenstücke) auf Arthur Bolthausen. Der
umfangreichste Bestandsteil B enthält zahlreiche amtliche und private
Dokumente und Fotografien über seine Familie, frühe Reisen und die Ehen
des jüngeren Julius Bolthausen. Nach dem Schulbesuch in Köln machte er in
den Jahren 1930 bis 1932 ein Volontariat in Palästina und Ägypten, um
sich als Reisekaufmann auszubilden. Als 1933 die Pläne für eine
Fortsetzung des väterlichen Reiseunternehmens aufgegeben werden mussten,
trat Julius eine Ausbildung bei der Polizei in Bonn an und wurde schon
bald in die neu aufgerüstete Wehrmacht übernommen, in der er als
Berufssoldat (Feldwebel) bis 1945 diente. Im Rußlandfeldzug erkrankte er
1943 an Fleckfieber und kam seitdem anscheinend nicht mehr zum
Fronteinsatz. Der Großteil der Überlieferung bezieht sich jedoch auf die
Zeit nach 1945 und zeigt vor allem seine Schwierigkeiten, in der zivilen
Nachkriegsgesellschaft Fuß zu fassen. Von geschichtlichem Interesse ist,
wie sich in seinem Fall das vielberufene "Wirtschaftswunder" aus
verschiedenen Gründen nicht vollzieht. Beruflicher Misserfolg, Schulden
und (verlorene) Prozesse begleiten Julius Bolthausen jr. durch die 1950er
Jahre, bis er eine Anstellung als Pförtner bei der Fa. Hörster findet.
Seine Sammelleidenschaft hat eine Fülle von Werbeprospekte aller Art
überliefert, die einen Eindruck vom Stil der Massenwerbung in den 50- und
60er Jahren des 20. Jahrhunderts geben. Die Bewahrung von Zeitungen und
Zeitschriften aus den Jahren 1934, 1945 und 1947 deutet an, dass
Bolthausen bestimmte Ereignisse und Entwicklungen in diesen Jahren (Tod
Hindenburgs, Besetzung am Kriegsende, Notlage 1947) mit besonderer
Anteilnahme verfolgt hat. Insgesamt scheint der Nachlassteil historisch
interessant für ein eher durchschnittliches, unspektakuläres Leben der
Vor- und Nachkriegszeit. Reizvoll ist der Nachlassteil A über den Vater,
Julius Bolthausen sen. Als Sohn eines Landwirts in Gräfrath geboren und
seit 1888 Volksschullehrer in Solingen wurde er über die Grenzen der
Stadt hinaus durch seine großen Radtouren in den 1890er Jahren bekannt,
die ihn bis nach Nordafrika brachten. Seit 1902 organisierte er
(Bildungs-)Reisen - vornehmlich für Lehrer und Geistliche, später auch
für andere Berufsgruppen - ins Mittelmeer und nach Ägypten und Palästina.
Bis zum 1. Weltkrieg fanden 62 Fahrten statt; 1924 nahm er die
Reisetätigkeit wieder auf und führte 21 weitere Fahrten durch, bis das
Geschäft 1932 zum Erliegen kam. Julius Bolthausen sen. kann wohl als ein
Solinger Pionier für Radreisen und Tourismus um die Jahrhundertwende
angesehen werden. Neben einem leider begrenzten Nachlass an Akten,
Reisebeschreibungen und -büchern sind die Fotografien über die Fahrten
von besonderem Interesse. Julius Bolthausen ist eine Persönlichkeit, an
der sich die Öffnung Deutschlands nach außen seit dem Ende des 19.
Jahrhunderts eindrucksvoll zeigt. Nur wenige Stücke sind Arthur
Bolthausen in Teil C zugeordnet. Es ist nicht eindeutig zu belegen, dass
das Material aus C II (Sammlungen, Zeitschriften, Zeitungen Bücher) aus
seinem Besitz kommt. Da es sich aber ausnahmslos um Dokumente zur
NS-Bewegung handelt, in der Arthur spätestens seit 1930 eine führende
lokale Rolle spielte, liegt die Vermutung nahe, dass die Schriften von
ihm gesammelt und eventuell an seinen Bruder abgegeben wurden. In seiner
Rolle als NS-Leiter und Adjudant des Solinger Oberbürgermeisters Dr. Otto
stand Arthur Bolthausen hoch in der lokalen Parteihierarchie. 1949 wurde
er wegen seiner Mitbeteiligung an dem Mord an Max Leven in der
Pogromnacht vom November 1938 verurteilt. Der Reiz des gesamten
Nachlasses, auch wenn er verhältnismäßig klein und unvollständig ist,
liegt in der Vermittlung von Zeitströmungen, "Moden" und auch politischen
und ökonomischen Bedingungen, in denen sich Solinger seit der
Reichsgründungszeit bewegten. Er kann daher als ein Beitrag zu einem
größeren Bild der gesellschaftlichen Entwicklung Deutschlands seit der
Reichsgründung genutzt werden. Der Bestand wurde von Hartmut Roehr im
Sommer 2007 verzeichnet.
Eingrenzung und Inhalt: Bestand
enthält u.a.: Dokumente, Privatbriefe, Aufsätze, Reiseberichte,
Rechtstreite, Literatursammlung, Fotos und Bilder von und zur Familie
Bolthausen (auch zur Zeit des Nationalsozialismus)
- Bestandssignatur
-
Na 042
- Umfang
-
Findbuch: 90 AE
- Kontext
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Stadtarchiv Solingen (Archivtektonik) >> Bestände nichtstädtischer Provenienz >> Nachlässe und Sammlungen
- Bestandslaufzeit
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1868 - 1989
- Weitere Objektseiten
- Geliefert über
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
23.06.2025, 08:11 MESZ
Datenpartner
Stadtarchiv Solingen. Bei Fragen zum Objekt wenden Sie sich bitte an den Datenpartner.
Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1868 - 1989