Bestand
Generalstab der Luftwaffe / Oberkommandos der Luftwaffe Süd und Nord (Bestand)
Bearbeitungshinweis: Im
April 1945 bildete der Generalstab der Luftwaffe zwei
Führungsstäbe mit den Bezeichnungen OKL Süd und Nord.
Bestandsbeschreibung:
Unter dem Eindruck des bevorstehenden Einmarsches der
sowjetischen und britisch-amerikanischen Armee und der dadurch
zu erwartenden Zweiteilung des Reichsgebietes teilte sich der
Wehrmachtsführungsstab am 20. April 1944 auf Weisung Hitlers in
einen nördlichen und einen südlichen Teil. Oberbefehlshaber im
Nordraum wurde Großadmiral Dönitz, im Südraum hatte
Generalfeldmarschall Kesselring den Oberbefehl.
In Anlehnung an diese Aufteilung der gesamten
Wehrmachtsführung wurde auch die Führung der Luftwaffe in zwei
Führungsstäbe mit den Bezeichnungen Luftwaffenführungsstab Nord
und Süd aufgeteilt. Die Masse der Dienststellen der Luftwaffe
wurde in den Südraum verlegt.
Die meisten
Dienststellen des Oberkommandos der Luftwaffe und des
Reichsministers der Luftfahrt wurden im April 1945 aufgelöst;
die Verbindung zwischen den einzelnen Dienststellen und
Verbänden wurde schwierig bis unmöglich - im Prinzip war die
deutsche Luftwaffe nicht mehr existent und ihr Oberkommando
bestand nur noch als Rumpfstab. An dessen Spitze stand der
Oberbefehlshaber der Luftwaffe Generalfeldmarschall von Greim,
dem der Chef des Generalstabs General Koller unterstellt war.
Diesem wiederum waren die Dienststellen des
Generalquartiermeisters (Generalleutnant von Criegern) mit
nachgeordneten Stellen, des Generalnachrichtenführers (General
Martini), des Chefintendanten (Generaloberst Plagemann), des
Luftwaffenpersonalamtes unter General Meister sowie der
Luftwaffenführungsstäbe Nord und Süd untergeordnet.
(Quellen: Boog 1982, BArch, RL 2-VI/212, BArch,
RL 12-VI/188)
Oberbefehlshaber des
Führungsstabs Nord wurde der bisherige Chef des
Luftwaffenführungsstabes Generalmajor Christian. Der in
Flensburg befindliche Führungsstab Nord bestand nur noch aus
einer Abteilung unter dem Befehl von Oberstleutnant Panitzki,
die sich aus sechs Gruppen zusammensetzte: Fliegende Verbände,
Bodenorganisationen, die Flakartillerie, Luftnachrichtentruppen,
Sanitätsdienst und Verwaltung sowie Nachschub- und
Versorgungsdienste. Auf Befehl der Alliierten wurde am 19. Mai
1945 der Luftwaffenführungsstab Nord in
Luftwaffenverbindungsstab Nord umbenannt. (Boog 1982, BArch, E
3366, RL-2/772)
Der in Thumersbach und
Zell am See stationierte Luftwaffenführungsstab Süd wurde unter
den Befehl von Generalmajor Schulz gestellt. Er gliederte sich
folgendermaßen auf (Stand: 3. Mai 1945):
Chef des Generalstabes
Chef des
luftwaffenführungsstabes
Luftwaffenführungsstab Ia
Unterabteilung Ia Flieg
Unterabteilung Ia Flak
Wetterwarte
Führungsstab
I (Heer)
Verbindungsoffizier des Oberkommandos der Marine
Chef Wetterdienst
Luftwaffenführungsstab Ic (5. Abteilung)
Generalquartiermeister
2., 9., 4.,
und 6. Abteilung
Abteilung
Luftwaffenbodenorganisation
Chef des
Kraftfahrwesens der Luftwaffe
Lufttransportchef der Wehrmacht
Chefintendant der Luftwaffe
Generalnachrichtenführer
Chef des
Stabes
1., 2., 3., 4., 5. und 6.
Abteilung
Chef des
Luftwaffenpersonalamtes
(Quelle: BArch,
RL 2-III/20, s.a. Boog 1982)
Zu den ihnen
zugedachten Führungstätigkeiten kamen die Führungsstäbe Nord und
Süd nicht mehr. Mit der Verhaftung von Großadmiral Dönitz am 23.
Mai 1945 hörte der Luftwaffenverbindungsstab Nord auf zu
existieren. Der Führungsstab Süd bestand nach der Kapitulation
und der Unterstellung aller Heeres- und Luftwaffenteile im
Südraum unter den amerikanischen General Westphal am 19. Mai
1945 weiter bis zum Herbst 1945, allerdings ohne jegliche
Befehlsbefugnisse und in Kriegsgefangenschaft. Dieses
Rest-Oberkommando der Luftwaffe wurde als "Control-Party"
beibehalten; die Hauptaufgabe der kriegsgefangenen Offiziere und
Generäle bestand darin, sich für Auskünfte und Befragungen durch
die Alliierten zur Verfügung zu halten.
Die Amerikaner nutzten diese Gelegenheit und erlangten mit
den Berichten und Aussagen hochrangiger deutscher Offiziere
neben dem beschlagnahmten Aktenmaterial an weitere wichtige
Quellen zur Kriegsgeschichte. Die schon länger vorbereitet
Absicht, Aktenmaterial sowie Vernehmungen und Berichte deutscher
Soldaten für historische Studien zu verwenden, wurde umgesetzt.
Schon bei den Vernehmungen hochrangiger deutscher
Wehrmachtsmitglieder, die Auskünfte über Struktur, Aufbau,
Organisation, Einsatz und Taktik der Wehrmacht erteilen mussten,
waren Historiker zugegen, die durch das so zu erlangende
Quellenmaterial auf eine gute Ausgangslage zur
militärgeschichtlichen Erforschung des 2. Weltkriegs hofften. Im
Juni/Juli 1945 wurde von Historikern die Einrichtung einer
Dienststelle zur Aufstellung eines Programms zur Sammlung der
Aussagen deutscher Offiziere angeregt. Das Projekt wurde ab
Januar 1946 durch die Gründung der Operational History (German
section) durch die Historical Division vorangetrieben: Unter der
Leitung von Oberst Potter wurde eine Auswahl von 300 älteren
Offizieren gebildet, die sich freiwillig zur Zusammenarbeit in
dem Projekt erklärten. Neben Befragungen wurden sie auch um die
Anfertigung von Berichten und Ausarbeitungen über bestimmte
Fachgebiete und Themen gebeten. Das Projekt bestand bis Juni
1948, über 1000 Manuskripte zur Organisation und Kriegsführung
der deutschen Wehrmacht entstanden in diesem Zeitraum, in
kleinerem Rahmen lief das Projekt noch weiter bis 1961. (Burdick
1971)
Inhaltliche
Charakterisierung: Außer einigen wenigen Unterlagen des
Luftwaffenführungsstabs Nord zu Personal- und
Quartiermeisterangelegenheiten, zur Dislozierung der
Flakeinheiten im Nordraum einschließlich Dänemark und Norwegen
und zur Kapitulation sind nur Aktensplitter des Führungsstabs
Süd ins Bundesarchiv gelangt. Mit ihnen vereinigt wurden die für
amerikanischen Streitkräfte aus dem Gedächtnis gefertigte
Ausarbeitungen. Sie dokumentieren vor allem den Einfluß des OKW
auf die Luftwaffe und deren Zusammenarbeit mit dem Heer,
Aufgaben und Entwicklung einzelner Dienststellen der
Luftwaffenführung sowie Fragen der Ausbildung, Technik, Rüstung,
Taktik des Nachrichtenverbindungswesens und der
Personalsteuerung. Diese beinhalten außer wenigen Unterlagen zur
Demobilisierung einen umfangreichen Bestand an Ausarbeitungen
über Aufbau, Organisation und materielle wie personelle Rüstung
der Luftwaffe, die Zusammenarbeit von Luftwaffe und Heer und den
Einfluss des OKW auf die Luftwaffe, die Entwicklung einzelner
Dienststellen der Luftwaffenführung, das
Nachrichtenverbindungswesen sowie zu Fragen der Ausbildung,
Technik und Taktik. Diese Ausarbeitungen wurden von im Südraum
gefangengenommenen höheren deutschen Offizieren für die
US-Streitkräfte angefertigt.
Erschließungszustand:
Teilfindbuch ca. 1970, in Baysy-S eingegeben
Vorarchivische Ordnung:
Das zunächst von den Amerikanern verwaltete Schriftgut gelangte
im Zuge der Aktenrückführungen an die Dokumentenzentrale des
Militärgeschichtlichen Forschungsamts, von dem es an das
Militärarchiv abgegeben wurde.
Umfang, Erläuterung: 226
AE
Zitierweise: BArch RL
2-VI/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch RL 2-VI
- Extent
-
231 Aufbewahrungseinheiten; 2,1 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Luftwaffe >> Spitzenbehörden
- Related materials
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: ZA 1 Studiengruppe der US-Historical Division
RL 2-VI/212 Gliederung und personelle Zusammensetzung des Oberkommandos der Luftwaffe
RL 2-VI/188 Organigramm über Kriegsspitzengliederung der Luftwaffe
Literatur: Guides to German Records Microfilmed at Alexandria/Va. Washington 1958 ff., Bde. 13 u. 24
Boog, Horst: Die deutsche Luftwaffenführung 1935-1945, Stuttgart 1982
Burdick, Charles B.: Vom Schwert zur Feder. Deutsche Kriegsgefangene im Dienst der Vorbereitung der amerikanischen Kriegsgeschichtsschreibung über den Zweiten Weltkrieg, in: Militärgeschichtliche Mitteilungen 2/1971, S. 69-80.
Endres, Robert: Zum Verbleib der Luftwaffenakten beim Zusammenbruch 1945 und danach, in: Militärgeschichtliches Forschungsamt (Hrsg.): 50 Jahre Luftwaffen- und Luftkriegs-Geschichtsschreibung, Freiburg 1970, S. 25-31
Mehner, Kurt und Reinhard Teuber: Die deutsche Luftwaffe 1939-1945. Führung und Truppe, Norderstedt 1993 (Kriegsspitzengliederung und Stellenbesetzung)
Meyer, Georg: Zur Situation der deutschen militärischen Führungsschicht im Vorfeld des westdeutschen Verteidigungsbeitrages 1945-1950/51, in: Roland G. Foerster (Mitverf.): Anfänge westdeutscher Sicherheitspolitik 1945-1956. Bd. 1, Von der Kapitulation bis zum Pleven-Plan, München/Wien 1982, S. 577-736.
- Date of creation of holding
-
1945
- Other object pages
- Provenance
-
Generalstab der Luftwaffe / Oberkommandos der Luftwaffe Süd und Nord (OKL Süd und Nord), 1945-1945
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
Bundesarchiv. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Bestand
Time of origin
- 1945