Bestand
Reichsschrifttumskammer (Bestand)
Geschichte des Bestandsbildners:
Mit der Ersten Verordnung zur Durchführung des Reichskulturkammergesetzes
vom 01. November 1933 [1] wurde die Reichsschrifttumskammer
errichtet.
In ihr sollten "sämtliche Personen,
die, von der Urproduktion der Dichtung angefangen, bis zum gewerblichen
Vertrieb am deutschen Schrifttum arbeiten" [2] zusammengefasst
werden.
Dazu gehörten aber nicht Zeitungen und
Zeitschriften, die als Presseerzeugnis galten und daher unter der
Aufsicht der Reichspressekammer standen. Die Abgrenzung zwischen den
beiden Kammern wurde in der "Gemeinsamen Bekanntmachung über die
Eingliederungspflicht von Betriebs- und Verlagsunternehmen bei der
Reichsschrifttums- oder Reichspressekammer vom 4. April 1934" [3]
geregelt.
Zu Beginn beschränkte sich die Erfassung
der auf dem Gebiet der Literatur tätigen Berufsangehörigen nur auf den
Reichsverband deutscher Schriftsteller.
Dies
änderte sich aber bereits zum 22. Dezember 1933 mit der "Bekanntmachung
über die Gliederung der Reichsschrifttumskammer" [4]. Damit wurden
bestehende Berufsverbände wie der "Verband der Deutschen
Volksbibliothekare E.V.", der "Verein Deutscher Bibliothekare E.V.", die
"Reichsfachschaft Buchhandel im Deutschen Handlungsgehilfen-Verband" in
die Reichsschrifttumskammer integriert. Deren Mitglieder wurden
Kammerangehörige und unterstanden somit der Disziplinargewalt der
Kammer.
Des Weiteren wurden neue
Arbeitsgemeinschaften gebildet bzw. verschiedene Berufsgruppen in
Verbänden zusammengeschlossen. Dazu gehörten u.a. die "Deutschen
Buchgemeinschaften" und die "Gesellschaft der Bibliophilen".
Die deutschen Volksbüchereien sollten vom Deutschen
Gemeindetag zusammengefasst werden, "um sie der Reichsschrifttumskammer
einzugliedern"[5].
Wie in allen anderen
Kulturbereichen auch war die Mitgliedschaft in der
Reichsschrifttumskammer zwingend notwendig, um nicht mit einem faktischen
Berufsverbot belegt zu werden.
So sorgte die
"Anordnung über den Nachweis der Mitgliedschaft in der
Reichsschrifttumskammer vom 30. Juli 1934"[6] dafür, dass die Verlags-
und Buchhandelsunternehmen nur mit Mitgliedern der RSK in
Geschäftsverbindungen treten durften. Zur leichteren Durchführung dieser
Anordnung mussten alle Mitglieder "auf ihren geschäftlichen Briefsachen
die Mitgliedsnummer ihres zuständigen Fachverbandes"[7] angeben.
Verstöße dagegen sollten mit Ordnungsstrafen geahndet
werden. Auskünfte über Autoren und Übersetzer erfolgten auf Anfrage der
"Kontrollstelle des Reichsverbandes Deutscher Schriftsteller" durch die
Verlage. Für eine Mitgliedschaft mussten die Autoren ohnehin
beträchtliche persönliche Auskünfte bzw. Gutachten geben (u.a. Gutachten
der NSDAP, der Gestapo und der zuständigen Landesleitung der
RSK[8]).
"Unzuverlässigen" Autoren wurde mit der
Verweigerung der Mitgliedschaft somit die Ausübung ihres Berufs verboten.
Die abgelehnten Antragsteller sowie Ausschlüsse aus der RSK wurden im
Börsenblatt des Deutschen Buchhandels, im Großdeutschen Leihbüchereiblatt
und in den Zeitschriften "Der Schriftsteller" und "Der Autor"
veröffentlicht.
Neben der berufsständischen
Vertretung und Betreuung hatte die RSK die Aufgabe eine "Liste über die
schädliche und unerwünschte Literatur" zu führen, die 1936 zum ersten Mal
im Druck erschien.
Die Entscheidung über
Buchverbote lag aber im Reichsministerium für Volksaufklärung und
Propaganda. "Die politische Beeinflussung des deutschen Schrifttums,
[...] ist Sache des Reichsministeriums für Volksaufklärung und Propaganda
(Abteilung VIII), das sich zur Lösung dieser Aufgabe der beim Ministerium
errichteten Reichsschrifttumsstelle bedient."[9]
Der organisatorische Aufbau [10] bestand auf der Leitungsebene aus
dem Präsidenten, zwei Vizepräsidenten, dem Altpräsidenten und
Präsidialrat. Der erste Präsident Hans Friedrich Blunck wurde im Oktober
1935 von Hanns Johst ersetzt. Blunck erhielt den Titel des
"Altpräsidenten" und wurde mit der Betreuung der Auslandsbeziehungen der
Kammer beauftragt. Die Geschäftsstelle gliederte sich in fünf
Abteilungen:
I. Zentralabteilung
II. Gruppe Schriftsteller
III. Gruppe
Buchhandel
IV. Buchwerbung
V. Büchereiwesen
VI. Adress- und
Anzeigenbuchgewerbe
VII. Wirtschaftsstelle des
Deutschen Buchhandels
Der regionale Unterbau
bestand aus den Landesleitungen der Kammer im jeweiligen Gau. An diese
waren die Aufnahmeanträge, allgemeine Schrifttumsanfragen und
Berufsangelegenheiten zu richten.
Anmerkungen
[1]Reichsgesetzblatt 1933 I, S.
797
[2]Handbuch der Reichskulturkammer, S.
136
[3]Das Recht der Reichsschrifttumskammer, S.
21-22
[4]ebd., S. 12-17
[5]ebd., S. 14
[6]ebd., S. 37-38
[7]ebd., S. 38
[8]R 56
V/170
[9]Handbuch der Reichskulturkammer, S.
136
[10]Beschreibung nach Handbuch der
Reichskulturkammer, S. 135-200
Übersicht über die
Präsidenten, Vizepräsidenten und Geschäftsführer
Präsidenten
Dr. Hans Friedrich Blunck (ab.
Okt. 1935 "Altpräsident"), 1933 - Okt. 1935
Hans
Johst, Okt. 1935 - 1945
Vizepräsidenten
Dr. Heinz Wismann, 1933 -1937
Wilhelm Baur, 1938 - 1945
Karl Heinz
Hederich, 1937 - 1938
Geschäftsführer
Prof. Richard Suchenwirth (1. Geschäftsführer),
1935
Günter Haupt (2. Geschäftsführer), 1935
Karl Heinl, 1936 - Mai 1937
Wilhelm Ihde, Mai 1937 - Dez. 1943
Günther
Gentz, Jan. 1944 - 1945
Bestandsbeschreibung:
Bestandsgeschichte
Die Aktenüberlieferung in dem
alten Koblenzer Bestand R 56 V (siehe dazu im Publikationsfindbuch Nr.
31) war im Gegensatz zu den anderen Kulturkammern recht umfangreich
(Archivnummern R 56 V/1-196). Diese wurden in der vorliegenden
Verzeichnung mit übernommen.
Die in den Sammlungen
"Reichsschrifttumskammer" des ehem. Berlin Document Center vorliegenden
Sachakten wurden ausgesondert, neu verzeichnet und dem Bestand
zugeordnet. Inhaltlich handelt es sich im Wesentlichen um:
1.) Überprüfung und Genehmigung zur Herausgabe von
Büchern, Heften und Publikationen
2.) Aufnahmen in
die "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums"
3.) Meinungsverschiedenheiten (Streitsachen) zwischen
Schriftstellern und Verlegern
4.) Korrespondenz
zwischen der Hauptdienststelle der RSK und ihren Landesleitungen in den
einzelnen Gauen.
Archivische Bearbeitung
Die in dem Koblenzer Teilbestand vorhandenen Aktentitel
sind im vorliegenden, von Herrn Tim Storch bearbeiteten Online-Findbuch
erfasst. Die damals vergebenen Signaturen wurden beibehalten.
Hinweise auf die BDC-Bestände sind bereits im Findbuch R
56 [11] enthalten. Die dort genannten Titel geben jedoch nicht das
gesamte Spektrum der hier verzeichneten Akten wieder. Zum einen war dies
die "Überprüfung und Genehmigung zur Herausgabe von Büchern, Heften und
Publikationen" (R 56 V/215-827), bei denen die Verlage die RSK lediglich
über Neuauflagen und Herausgaben informierten. Zum zweiten nahm die RSK,
meist auf Vorschlag des RMVP, verschiedene Bücher (meist ausländische) in
die "Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums" auf, was einem
Verbot gleichkam. Diese Unterlagen wurden in die Serie "Aufnahme in die
"Liste des schädlichen und unerwünschten Schrifttums".- Einzelfälle
geordnet. In den Akten vorgefundene Belegexemplare wurden darin belassen
und in den Enthält-Vermerk aufgenommen.
Die
Klassifikation von Wolfram Werner, "die sich nicht streng nach der
Verwaltungsstruktur richtete"[12], musste um den Bereich
"Geschäftsführung" erweitert werden, da sich während der Verzeichnung
herausstellte, dass die in den Akten vorliegenden Streitsachen nicht in
dieses Schema passten. Lt. "Handbuch der Reichskulturkammer" war für
"Meinungsverschiedenheiten zwischen Schriftstellern einerseits, Verlegern
und sonstigen Verwertern schriftstellerischer Arbeiten andererseits"[13]
eine Schlichtungsstelle zuständig, die dem Rechtsreferenten angegliedert
war.
Dieser Rechtsreferent wiederum war
unmittelbar der Geschäftsführung der RSK unterstellt [14]. Daher wurde
die Geschäftsführung in die 3 Bereiche "Rechtsreferent", "Referent für
Überwachung" und "Referat Nachrichtenstelle und Statistik" untergliedert.
Der Klassifikationspunkt "Rechtsreferent wurde in die Bereiche
"Allgemeine Rechtsfragen der Kammer" (R 56V/1050 und in die sog.
"Schlichtungsstelle" (Streitsachen) eingeteilt. Um die Einheitlichkeit zu
bewahren, ist der alte Klassifikationspunkt "Überwachung und Verbot von
Schrifttum" in den Punkt "Referent für Überwachung" verschoben
worden.
Für Streitsachen zwischen einzelnen
Schriftstellern war wiederum nicht die Schlichtungsstelle in der
Geschäftsführung zuständig, sondern die Abteilung II (Gruppe
Schriftsteller), die sich unterteilte in "Fachliche, Rechtliche und
Soziale Betreuung der Schriftsteller". Die alte Klassifikation entsprach
nicht so stringent diesen einzelnen Bereichen. Die neu verzeichneten
Akten machten dies aber nötig. Der alte Klassifikationspunkt "Einzelne
Schriftsteller, insbesondere Mitgliedschaftsangelegenheiten" wurde in
"Fachliche Betreuung, auch Mitgliedschaftsangelegenheiten"
unbenannt.
Als zweiter Klassifikationspunkt ist
"Rechtliche Betreuung" eingefügt worden. Die restlichen
Klassifikationspunkte der "Gruppe Schriftsteller" sind beibehalten
worden.
Anmerkungen
[11]Findbücher zu Beständen des Bundesarchivs, Band 31,
Reichskulturkammer und ihre Einzelkammern, S. 119
[12]ebd., S.93
[13]Handbuch der
Reichskulturkammer, S. 140
[14]ebd.
Zitierweise
BArch R
56-V/...
Erschließungszustand:
Publikationsfindbuch zur Reichskulturkammer (1987), Online-Findbuch
(2006).
Zitierweise: BArch R
56-V/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch R 56-V
- Umfang
-
1295 Aufbewahrungseinheiten
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Kultus, Wissenschaft, Propaganda
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Amtliche Druckschriften: Handbuch der Reichsschrifttumskammer hg. von Wilhelm Ihde, Verlag des Börsenvereins der Deutschen Buchhändler, Leipzig 1942; Jahresliste...des schädlichen und unerwünschten Schrifttums 1935, 1936, 1938-1940 (RD 33/ BA 00)
Literatur: Gentz, Günther: "Das Recht der Reichsschrifttumskammer", Leipzig 1936.
Denkler, Prümm (Hrsg.): "Die deutsche Literatur im Dritten Reich. Themen - Tradition - Wirkungen", Stuttgart 1976.
Barbian, Jan Pieter: "Die Reichsschrifttumskammer im Dritten Reich. Ein institutionengeschichtlicher Beitrag zur NS-Schrifttumspolitik zwischen 1933 und 1945", Trier 1986.
- Bestandslaufzeit
-
1933-1945
- Weitere Objektseiten
- Provenienz
-
Reichsschriftumskammer (RSK), 1933-1945
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Zugangsbeschränkungen
-
Besondere Benutzungsbedingungen: Bundesarchivgesetz, Verordnung über die Benutzung von Archivgut beim Bundesarchiv
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1933-1945