Bestand
Verbände und Truppenteile der vorläufigen Reichswehr und des Übergangsheeres (Bestand)
Bestandsbeschreibung:
Auf Grund der Weimarer Reichsverfassung wurden die bisherigen
Kontingentheere der Einzelstaaten (Preußen mit norddeutschen
Bundesstaaten, Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden) des
Deutschen Kaiserreiches durch ein einheitliches Reichsheer
ersetzt. Es unterlag auf Grund des Versailler
Friedensvertrages mehreren Beschränkungen und Begrenzungen im
Umfang und in der militärisch-technischen Ausstattung. So
musste auch der Große Generalstab aufgelöst werden; dessen
Funktion übernahm das Truppenamt in der Heeresleitung. Zur
Führung der zehn zugestandenen Divisionen (sieben Infanterie-
und drei Kavalleriedivisionen) durften nur zwei General- bzw.
Gruppenkommandos (in Kassel und Berlin) eingerichtet werden.
Ab 1919 stand an der Spitze des Heeres der Chef der
Heeresleitung, dessen Bezeichnung mit Wiedereinführung der
allgemeinen Wehrpflicht und des Aufbaues der Wehrmacht ab 16.
März 1935 in Oberbefehlshaber des Heeres umbenannt
wurde.
Von den Einschränkungen nach
dem Versailler Friedensvertrag löste sich die
nationalsozialistische Regierung ab 1933 mehr und mehr, wobei
sie auf interne Vorbereitungen zur Heeresvermehrung
zurückgreifen konnte, die seit 1930 bearbeitet worden
waren.
Inhaltliche
Charakterisierung: Der Bestand RH 69 beinhaltet im
wesentlichen die erhalten gebliebenen Unterlagen der in
Sachsen stationierten Verbände und Truppenteile. Einige
wenige Archivalien von Reichswehrformationen wurden 1957 vom
Bayerischen Hauptstaatsarchiv übernommen; sie stammten aus
dem Heeresarchiv Potsdam und wurden seinerzeit zur
Bearbeitung eines weiteren Bandes der Nachkriegskämpfe
deutscher Truppen nach München gesandt, wo sie schließlich
das Kriegsende überdauerten.
Die
Archivalien der in Sachsen stationierten
Reichswehrformationen stammen aus der damaligen Zweigstelle
des Reichsarchivs in Dresden; diese Zweigstelle erhielt 1937
die Bezeichnung Heeresarchiv Dresden. Nach dem Krieg
beschlagnahmten sowjetische Truppen die erhalten gebliebenen
Teile des Archivgutes und verlegten es in die Sowjetunion;
dort bewahrte man es in der Peter-Paul-Festung in Leningrad
auf. 1955 fand schließlich die Archivalienrückgabe an die DDR
statt. Gemeinsam mit anderen Beständen gelangte die
Überlieferung des "Reichswehrbestandes Sachsen" in das
Militärarchiv der Nationalen Volksarmee der ehemaligen DDR
nach Potsdam. Hier wurde, zumal der Bestand durch
Aktenverluste und häufige Umlagerungen nur noch schwer zu
benutzen war, eine grundlegende Bestandsbearbeitung
vorgenommen. Von Potsdam gelangte die Überlieferung bei der
Zusammenführung der beiden deutschen Militärarchive Mitte der
90er Jahre nach Freiburg im Breisgau in das
Bundesarchiv-Militärarchiv.
Die
Klassifikation der Akten der einzelnen Provenienzstellen
entspricht der Struktur von militärischen Kommando- und
Dienststellen: Die Archivalien sind weitgehend den
Abteilungen (Ia, Ib, Ic, IIa, IIb, IVb und IVc) der
Brigadestäbe (Reichswehrbrigade 12, 19, 28 mit
Infanterieführer 19 und 29) zugeordnet oder wurden inhaltlich
voneinander abgegrenzt. Einzelne Unterlagen von
Reichwehr-Infanterieregimentern ( 20, 23, 37, 38, 55, 56) und
des Artillerieregiments 19 mit mehreren Abteilungen
(Nachrichten-Abt., Horch-Abt., Kraftfahrabt.) und Bataillone
sind ebenfalls vorhanden. Sofern von einer Abteilung größere
Archivgutmengen vorlagen, wurde eine weitere Untergliederung
vorgenommen. Die Aktenmengen der Abteilungen sind
unterschiedlich; vereinzelt sind von bestimmten Abteilungen
keinerlei Dokumente überliefert.
Neben
den organisatorischen, dienstbezogenen, personellen und
materiellen Angaben zu den einzelnen Etappen und zum Ablauf
der Reduzierung des Reichsheeres in Sachsen, beinhaltet der
Bestand reichhaltige Fakten zu den Einsätzen der in Sachsen
stationierten Truppen in den Jahren 1919 und 1920. Dabei
können nicht nur die Niederschlagungen der Arbeiteraufstände
in Westsachsen, sondern auch die Einsätze in anderen
Aufstandsgebieten Deutschlands, so zum Beispiel in Hamburg,
dem Ruhrgebiet und in Oberschlesien nachvollzogen werden.
Truppen aus Sachsen beteiligten sich sogar an den
Kampfhandlungen gegen sowjetische Truppen in Lettland und
Litauen.
Die Archivalien der in
Sachsen stationierten Verbände und Truppenteile der
vorläufigen Reichswehr und des Übergangsheeres sind für die
Forschung von einigem Interesse, weil vergleichbare
Überlieferungen nicht oder allenfalls noch im
Generallandesarchiv in Karlsruhe (für im ehemaligen
Großherzogtum Baden stationierte Formationen), im
Hauptstaatsarchiv/Kriegsarchiv Stuttgart (für im ehemaligen
Königreich Württemberg stationierte Formationen) und im
Hauptstaatsarchiv/Kriegsarchiv München (für im ehemaligen
Königreich Bayern stationierte Formationen) vorliegen.
Allerdings sind die vorliegenden Bestände nicht mehr
vollständig. Am 23. Februar 1945 verbrannten große Teile des
Schrift- und Archivgutes des Heeresarchivs in der Dresdener
Marienallee nach einem alliierten Luftangriff. Eine weitere
Aktenreduzierung trat durch Kassation (historisch
unbedeutende Inhalte, z.B. Briefeingangs- und
-ausgangsbücher) ein, die zum Teil an Hand der alten
Findbücher nachvollzogen werden kann.
Erschließungszustand:
Verschiedene Teile als Findbuch, Findkartei (auch z. T. als
Word-Datei und mit Basys-S-Programm)
Umfang, Erläuterung:
3000 AE
Zitierweise: BArch RH
69/...
- Bestandssignatur
-
Bundesarchiv, BArch RH 69
- Umfang
-
2871 Aufbewahrungseinheiten; 49,4 laufende Meter
- Sprache der Unterlagen
-
deutsch
- Kontext
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Reichsheer und Heer >> Kommandobehörden, Verbände und Einheiten >> Weitere Einheiten
- Verwandte Bestände und Literatur
-
Verwandtes Archivgut im Bundesarchiv: Bestände:
PH 8-I (Infanterie-Divisionen der preußischen Armee)
PH 10-II (Infanterie-Regimenter der preußischen Armee)
PH 26 (Freikorps und Einwohnerwehren)
RH 37 (Verbände und Einheiten der Infanterie des Heeres): Infanterie-Regimenter der Wehrmacht, teilweise mit Vorakten
MSG 147 (Bartels, Kurt-Heinz.- Sammlung zur Organisation der vorläufigen Reichswehr)
MSG 182 (Markl, Gerald.- Sammlung zur Geschichte der vorläufigen Reichswehr, des Übergangsheeres, der Freikorps und sonstigen Freiwilligen-Formationen 1918-1922)
Akten:
MSG 147/4 und MSG 147/1: ausführliche Übersicht zu Freikorps und Freiwilligen-Verbänden aus verschiedenen, meist nichtarchivischen Quellen
Amtliche Druckschriften: RHD 79 (nur 1 Nummer)
Literatur: Guides to German Records Microfilmed at Alexandria/Va. Washington 1958 ff. Bde. 41 und 63
Tessin, Georg: Formationsgeschichte der Wehrmacht 1933-1939. Stäbe und Truppenteile des Heeres und der Luftwaffe. Boppard 1959 .
Keller, Peter: "Die Wehrmacht der Deutschen Republik ist die Reichswehr". Die deutsche Armee 1918 - 1921. Paderborn 2014.
- Bestandslaufzeit
-
1918-1921
- Weitere Objektseiten
- Provenienz
-
Verbände und Truppenteile der vorläuffigen Reichswehr und des Übergangsheeres, 1918-1921
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Letzte Aktualisierung
-
16.01.2024, 08:43 MEZ
Datenpartner
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Objekttyp
- Bestand
Entstanden
- 1918-1921