Gemälde

Der Tod Mariae

Gemäß der Legenda aurea, einer Sammlung von Geschichten über das Leben der Heiligen und Märtyrer, die im 13. Jahrhundert von Jacobus de Voragine zusammengestellt wurde, warnt ein Engel die Apostel vor dem bevorstehenden Tod der Jungfrau Maria. Die Apostel werden auf wundersame Weise zum Sterbebett der Jungfrau getragen und zu Zeugen ihrer Himmelfahrt. Bartolomé de Cárdenas, der wahrscheinlich wegen seiner roten Haare Bermejo genannt wurde, war einer der bedeutendsten Künstler im Spanien des 15. Jahrhunderts. Geboren wurde er in Córdoba, arbeitete aber hauptsächlich in Valencia, Daroca, Saragossa und Barcelona. Er gilt als wichtigster Vertreter der sogenannten spanisch-flämischen Gotik, die sich durch einen starken Einfluss der zeitgenössischen flämischen Malerei auszeichnete. Deren neuartige Technik der Ölmalerei ermöglichte realistische Darstellungen von außergewöhnlicher Präzision und großem Farbreichtum. Die besondere Qualität von Bermejos Werken lässt vermuten, dass er selbst in Flandern ausgebildet wurde. Hierfür sprechen sein technisches Können und die zahlreichen Details, die Werken großer flämischer Meister entlehnt sind. Deutlichen Einfluss übten insbesondere Rogier van der Weyden und Petrus Christus aus. Seine in Flandern erworbenen Fähigkeiten demonstrierte er zu einem frühen Zeitpunkt seiner Laufbahn in dem Tafelbild Der Tod Mariae, das zu seinen Meisterwerken gehört. In der Darstellung vom Tod Mariae hat Bermejo ikonografische Elemente verschiedener Erzähltraditionen miteinander kombiniert. Im Hintergrund überreicht ein Engel dem auf einem Felsen stehenden Apostel Thomas den Gürtel von Marias Tunika. Diese Szene folgt den Legenden, gemäß derer sowohl der Körper wie auch die Seele der Jungfrau in den Himmel aufgenommen wurden. Die Hauptszene orientiert sich hingegen an anderen Legenden, wonach Maria erst entschlafen und nach drei Tagen wiederauferstanden sei. Prachtvoll gewandet, liegt die als alte Frau dargestellte Maria in der unteren Bildhälfte in einem architektonischen Interieur auf ihrem Sterbebett. Sie ist umgeben von den restlichen Aposteln, die zumeist lesen oder in Gedanken vertieft sind, während der als Papst gekleidete Petrus sie mit einem Ysop-Zweig segnet. Zwei Apostel unterstützen ihn bei der Durchführung dieses Rituals: Rechts neben dem Kopfende kümmert sich einer um ein Weihrauchfass, ihm gegenüber trägt ein anderer eine Sterbekerze. An der Tür hält Johannes ein Prozessionskreuz hoch. Es erinnert daran, dass er Maria bei der Kreuzigung Jesu zur Seite stand. In der oberen Bildhälfte geleiten vier Engel die Seele Marias zu Gott. Goldene Farbtöne unterstreichen den wundersamen Charakter der Szene, während zahlreiche Symbole Marias besondere Bedeutung reflektieren. So ist der aufgehende Mond zu ihren Füßen ein Sinnbild ihrer unbefleckten und damit von der Ursünde freien Empfängnis. Weitere, über das Bild verteilte Allegorien spielen auf die sogenannten Litaneien (Gebete) an, mit denen Maria bei der Rezitation des Rosenkranzes angerufen wird. Die von der Decke herabhängende Öllampe und der grün belaubte Baum in der Landschaft deuten als Reinheitssymbole auf Marias Jungfräulichkeit hin. Eine auf die Bundeslade verweisende Truhe, auf die sich der Apostel in der unteren linken Bildecke stützt, sowie der mit einer hebräischen Inschrift versehene Baldachin spiegeln eventuell Marias Rolle als Fürsprecherin der Menschen vor Gott wider. Die Inschrift im Fußboden im Vordergrund fasst das Wunder schließlich zusammen: EM DIOS ES (»[Maria] ist mit Gott«).| 200 Meisterwerke der europäischen Malerei - Gemäldegalerie Berlin, 2019 SIGNATUR/ INSCHRIFT: EM DIOS ES _____________________________________ According to the Golden Legend (13th century), in which Jacobus da Varagine compiled stories about the lives of saints and martyrs, an angel warned the apostles of the imminent death of the Virgin Mary. They were miraculously transported to her deathbed, witnessing her assumption. Bartolomé de Cárdenas, known as Bermejo probably because of his red hair, was one of the most important artists in 15th-century Spain. Born in Córdoba, he worked mainly in the cities of Valencia, Daroca, Zaragoza, and Barcelona. He is considered to be the greatest representative of the Hispano-Flemish Gothic style, characterized by the strong influence of 15th-century Flemish painting, which mainly contributed to the new technique of oil painting, allowing a descriptive realism of extraordinary precision and great chromatic richness. The very high quality of Bermejo’s works suggests that he was trained in Flanders. His mastery of technique and the amount of details taken from the works of the great Flemish masters are proof of this. The painters Rogier van der Weyden and Petrus Christus were his most direct influences. The panel with The Dormition of the Virgin is a masterpiece in his production, made in his youth to validate this Flemish formation. Bermejo combines different traditions for the iconographic representation of the miracle. According to some legends, the Virgin was assumed alive body and soul, and as proof of this event, an angel would give a ribbon of her tunic to Saint Thomas; as you can see in the background in the landscape. According to others, she would first fall asleep, resurrecting after three days. On the lower level, Mary, depicted as an old woman in rich clothing, lies in an architectural interior surrounded by the other apostles. Most of them read or meditate while Saint Peter, dressed as a Pope, blesses her with the help of a hyssop. Two others help him to perform the rite, guarding the incense ashes to the right of the headboard and holding a candle at the opposite end. Saint John, located in front of the door, raises a processional cross. It reminds us that he accompanied Mary during the crucifixion of Jesus. At the top, four angels raise the Virgin’s soul to God. The golden tones of the scene underline its miraculous character and the symbols remind us of the exceptional nature of Mary. At her feet, the crescent moon symbolizes the purity of her conception, without Original Sin. Other allegories, distributed in different places of the composition, allude to the so-called litanies (prayers) that are dedicated to the Virgin in the recitation of the Rosary. This is the case of the oil lamp that hangs from the ceiling and of the green tree, decorating the landscape, both symbols of her virginity. The chest on which the apostle rests in the lower left corner refers to the Ark of the Covenant, and the canopy decorated with a legend in Hebrew are possible references to the Virgin as intercessor of men before God. The inscription on the floor in the foreground sums up the miracle: “EM DIOS ES” ([Mary] is with God). Since 2019, this painting hangs in the Spanish room of the Bode-Museum.| 200 Masterpieces of European Painting - Gemäldegalerie Berlin, 2019

Gesamtansicht, freigestellt | Fotograf*in: Christoph Schmidt

Public Domain Mark 1.0

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Material/Technik
Eichenholz
Maße
Bildmaß: 65,2 x 42,4 cm
Rahmenaußenmaß: 78,5 x 56,5 x 7 cm
Standort
Gemäldegalerie, Staatliche Museen zu Berlin
Inventarnummer
552

Ereignis
Erwerb
(Beschreibung)
1821 Ankauf aus der Sammlung des Kaufmanns Edward Solly, Berlin
Ereignis
Herstellung
(wer)
(wo)
Spanien
(wann)
1460 - 1462

Letzte Aktualisierung
02.05.2023, 11:25 MESZ

Objekttyp


  • Gemälde

Beteiligte


Entstanden


  • 1460 - 1462

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