Bestand

Kirchheim W (Bestand)


Inhalt und Bewertung
Darin: Die Akten entstammen großenteils einer Abgabe des Amtsgerichts Kirchheim (1959).

0.1 Zur Geschichte von Registratur und Archiv des Amtes Kirchheim: Die Geschichte der Registratur und des Archivs des Amtes Kirchheim wurde in der Literatur bisher noch nicht behandelt. Die Nachrichten, die man den Akten des vorliegenden Bestands entnehmen kann, beschränken sich auf das 18. Jahrhundert. Aus ihnen stammen die folgenden Hinweise. Als 1728 der neue Vogt Friedrich Otto Wippermann sein Amt übernahm, wurden die Akten in die untere und hintere Stube des Amtshauses gebracht und kurz besichtigt. Eine ordnungsgemäße Übergabe konnte nicht stattfinden, da keine Repertorien oder Indices vorhanden waren. Lizentiat Tobias Konrad Renz, der Sohn des verstorbenen Kirchheimer Vogts Günther Albrecht Renz, gab bei dieser Gelegenheit an, dass auch sein Vater die Registratur "in keiner gebührenden Art und Form" habe übernehmen können. 1742 sandte Vogt Wippermann den Kostenvoranschlag eines Kirchheimer Schreiners über die Anfertigung eines Registraturkastens an die Rentkammer; es ist aber nicht bekannt, ob der Kasten auch wirklich angeschafft werden konnte. 1767 erhielt der Oberamtmann Christian Friedrich Christoph Bühler den Auftrag, die "zerrüttete" Registratur auf Kosten des Oberamts wieder in Ordnung bringen zu lassen. 1774 fertigte der Schreiner Christoph Schmid einen Registraturkasten mit 90 Schubladen aus Tannenholz an. Die Schubladen wurden von dem Buchdrucker Balthasar Schaaf in Frakturschrift beschriftet. Die Neuordnung der Registratur besorgte einer der Amtskribenten. Dieser sammelte die in großer Unordnung in einem Gewölbe auf dem Fußboden liegenden Papiere, ordnete sie chronologisch in verschiedene Abteilungen, rubrizierte und nummerierte sie, trug sie in ein Repertorium ein und legte sie in die zugehörigen Fächer. Gleichzeitig wurden die Generalreskripte chronologisch geordnet, gebunden und mit einem Sachregister versehen. Auch zu dem Amtprotokollen wurden Register gefertigt. Ein Teil der Akten blieb allerdings in 2 Registraturkästen nach Orten geordnet in der Oberamtei und fand nicht Aufnahme in das Repertorium. Um 1788 ordnete der Renovator Zacharias Schlenker die Registratur, die in einem unsauberen und ungesunden Raum intergebracht war (vgl. Büschel 884). Am 03. April 1796 erschien ein herzogliches Generalreskript, das es jedem Beamten zur Pflicht machte, "über die während seiner Amtsführung sich ergebenden Akten genaue Haupt- und besondere Repertorien zu führen und dieselben auch seinem Nachfolger zu überliefern", und einen Bericht über den Zustand der Amtregistraturen anforderte. Oberamtmann Albrecht Friedrich Lempp schrieb darauf, er habe "die Registratur im ganzen so gefunden, dass ein Teil zwar nach Materien geordnet, registriert und die Akten in ein Direktorium eingetragen waren, ein anderer Teil Akten aber bloß unter betreffenden Ortschaften registriert und nirgends consigniert waren.... Der eine Teil Akten ist in der Amtsstube, der andere in einer finstern und feuchten Öhrnkammer, und es scheint, als ob der nach Materien registrierte Teil bloß als ein unterbrochener und nicht fortgesetzter Versuch zur Renovation anzusehen sei". Eine bessere Unterbringung der Akten wurde erst durch einen Umbau im Amtshaus erreicht. Der Oberamtmann übernahm auch selbst die Neuordnung der Registratur, die aber in den folgenden unruhigen Zeiten nicht zur Ausführung kam. Wo und wie die Akten des Stadtgerichts verwahrt wurden, die den größten Teil der erhalten gebliebenen Akten ausmachen, konnte bisher nicht geklärt werden. Weder die Akten selbst noch zwei im Anfang des 19. Jahrhunderts angelegten Repertorien geben darüber Auskunft. Es ist lediglich bekannt, dass es 1690 im Rathaus eine Stadt- und Amtruhe gab, die Urkunden, Rechnungen, Quittungen und Zettel enthielt, die alle bei dem großen Stadtbrand von 1690 vernichtet wurden.

0.2 Zur Geschichte des Aktenbestandes: Der größere Teil des vorliegenden Bestandes gelangte erst mit einer Ablieferung des Amtsgerichts Kirchheim im Jahr 1959 an das Stadtarchiv Ludwigsburg. Es handelt sich dabei ausschließlich um Zivilprozessakten, von denen die vor 1806 abgeschlossenen Prozesse diesem bestand zugewiesen wurden. Die späteren Prozesse sind im Repertorium F 276 (Amtsgericht Kirchheim u. T. ) aufgenommen. Die schon früher in das Staatsarchiv gelangten Akten waren von Dr. Karl Otto Müller und anderen Bearbeitern akzessorisch verzeichnet worden. Auch unter diesen Akten befanden sich Zivilprozessakten. Bei der Benutzung ist zu beachten, dass eine Reihe von vergehen, die heute strafrechtlich verfolgt werden, in altwürttembergischer Zeit zu den Zivilsachen zählten (z.B. Schlaghändel und Körperverletzungen). Die Prozessakten sind meist wenig umfangreich. Aufschriften auf manchen Faszikelumschlägen lassen einschneidende, oft schwer verständliche Kassationen erkennen. Trotzdem blieb eine verhältnismäßig reiche Überlieferung erhalten, die die der meisten anderen altwürttembergischen Ämter weit übertrifft. Nur wenige Faszikel scheinen ganz verloren zu sein. Gegenüber der Zahl von Prozessakten treten alle anderen "Verwaltungssachen" zurück. Die Urkunden und Akten des Stadtarchivs Kirchheim u. T. wurden 1956 von Archivrat Dr. Roland Seeberg-Elverfeldt verzeichnet (Mehrschrift des Repertoriums im Hauptstaatsarchiv Stuttgart). Die Akten des Stadtarchivs ergänzen (besonders bei den Schuldforderungs- und Erbschaftsprozessen) den vorliegenden Bestand.

0.3 Zur Einrichtung des Repertoriums: Die umfangreiche Aktenabgabe des Amtsgerichts Kirchheim 1959 machte eine Neuverzeichnung und Neuordnung des ganzen Bestandes notwendig. Dabei wurden die Zivilprozessakten wegen ihres großen Umfangs an die Spitze gestellt (Abt. A). Die über die Hälfte aller Büschel umfassende Gruppe I (Prozesse erster Instanz vor dem Amtsgericht Kirchheim u. T.) wurde in 11 Sachgruppen unterteilt. Alle anderen Gruppen besitzen keine Unterteilung nach dem Gegenstand der Prozesse und müssen also bei Nachforschungen mit herangezogen werden. Gruppe IV (Verfahren vor den Untergangsgerichten) enthält entsprechend der Zuständigkeit dieser Gerichte nur Güter- und Grenzsachen. In Gruppe III (Remissionssachen) sind auch die Appellationen in Remissionssachen einbezogen. Die alten, zu Beginn des 19. Jahrhunderts angelegten Repertorien sind am Schluss der Gerichtsakten verzeichnet (Büschel 858 und 859). Obwohl damals für die Remissionsprozesse ein eigener Band angelegt wurde (Büschel 859), enthält auch das Repertorium über Zivilprozess- oder bürgerliche Rechtsakten (Büschel 858) einzelne Remissionsprozesse. Sie sind jetzt alle in Gruppe III vereint. Die beiden alten Repertorien enthalten auch Rubra nicht erhaltener Prozessakten und in manchen Fällen Angaben (besonders über den Wohnsitz der Parteien),die aus den durch Kassationen zusammengeschmolzenen Akten nicht mehr ersichtlich sind. Bei Einzelschriftstücken sind Kanzleivermerke, die aus dem gleichen Monat stammen wie das Schriftstück, nicht aufgeführt. In der rechten Spalte des Repertoriums sind die früheren Signaturen angegeben. Die Buchstaben vor den Ziffern bedeuten: AR = Altes Archivrepertorium, angelegt von Dr. Karl Otto Müller und anderen Bearbeitern, steht bei den Altrepertorien, Z = Repertorium der Zivilprozess- oder bürgerlichen Rechtssachen 1542-1818, Büschel 858, R = Repertorium der Remissionsprozessakten 1700-1823, Büschel 859. Bei den Orten des alten Oberamts Kirchheim wurden Zusätze zur näheren Bezeichnung des Ortsnamens (wie u. T., a. d. T. usw.) weggelassen. Der vorliegende Bestand umfasst nunmehr 979 Büschel (mit den Büscheln 393a, 488a, 511a und 554a) in 2,75 lfd. m. Seine Neuordnung erfolgte im Sommer 1960 durch den Unterzeichneten. Ludwigsburg, Oktober 1960 Dr. Gerhard Kaller Die Retrokonversion des Findbuchs bzw. die Umformung der maschinenschriftlichen Vorlage für die internetgerechte Präsentation dieses Bestands des Hauptstaatsarchivs Stuttgart sowie die Überarbeitung der Indexangaben wurde von Frau Zijada Kulic unter Anleitung von Dr. Franz Moegle-Hofacker im Februar 2008 abgeschlossen.

Literatur: Dr. Gerhard Kaller: Verstand und Unverstand gegenüber alten Akten. Zur Geschichte von Registratur und Archiv des Amtes Kirchheim u. Teck im 18. Jahrhundert. (Der Teckbote Nr. 215 vom 18. September 1961, Seite 10)

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart, A 364 L
Umfang
977 Büschel

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Abt. Hauptstaatsarchiv Stuttgart (Archivtektonik) >> Altwürttembergisches Archiv >> Topographische Auslesebestände und Bezirksbehörden >> Oberämter, Kellereien und Geistliche Verwaltungen >> Heimsheim - Winnenden

Bestandslaufzeit
(1482-)1529-1816

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Letzte Aktualisierung
20.01.2023, 15:09 MEZ

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Objekttyp

  • Bestand

Entstanden

  • (1482-)1529-1816

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