Fotografie
Porträt von Annie Jones Elliot
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Schwarz-Weiß-Fotografie, die Annie Jones Elliot vor einem neutralen Hintergrund zeigt. Sie ist vom Kopf bis etwa zur Brust zu sehen und wurde seitlich fotografiert, vermutlich in sitzender Position. Sie trägt ein ärmelloses Kleid mit Schleifen an den Trägern und Spitzeneinsätzen. Den Kopf hat sie in Richtung der Kamera gedreht und blickt lächelnd nach links oben.
Kontext:
Annie Jones Elliot (1865–1902) trat als „Attraktion“ (damals als „Sideshow“ oder „Freakshow“ bezeichnet) auf. Als Sprecherin in Barnums Show setzte sich für die Abschaffung des Begriffs „Freak“ ein.
Porträts wie das von Annie Jones wurden in der zeitgenössischen Literatur der frühen Sexualwissenschaft zumeist im Kontext sog. „Bartfrauen“ bzw. „Bartdamen“ abgebildet. Auch Magnus Hirschfeld, Sexualwissenschaftler und Sexualreformer, nutzte Abbildungen von „bärtigen Frauen“ u. a. in seiner Publikation „Geschlechtsübergänge“ im Kapitel „Androtrichie. Feminae barbatae“. Dort schreibt er: „Zu den häufigsten und augenfälligsten Geschlechtsübergängen gehören die der Behaarung, einem […] besonders wichtigen sekundären Geschlechtscharakter.
Um sich von der Häufigkeit des ‚Frauenbartes‘ eine Vorstellung zu machen, ist es nur nötig, die Annoncenteile der Zeitungen zu durchsehen. Ich sammelte einige Wochen die Inserate, in denen die Entfernung weiblicher Barte mittelst Elektrolyse, Enthaarungswassern, Depilatorien und anderen Methoden angepriesen wird und fand, daß sich in Berlin Dutzende von Personen diesem anscheinend recht einträglichen Erwerbszweig widmen.“ (Vgl. Hirschfeld, Magnus (1913): Geschlechtsübergänge. Mischungen männlicher und weiblicher Geschlechtscharaktere (Sexuelle Zwischenstufen), Max Spohr, Text vor Tafel XIV)
Bilder von „Frauen mit Bärten“ waren auch Teil der Bilderwand „Sexuelle Zwischenstufen“, die für den im August 1913 in London tagenden internationalen medizinischen Kongress angefertigt und dann im Institut für Sexualwissenschaft gezeigt wurde. Der Gründer des Instituts, Magnus Hirschfeld, wollte mit der Bilderwand seine um 1910 vorgelegte „Zwischenstufentheorie“ veranschaulichen und untermauern.
Sehr verkürzt gesagt, beschreibt das Konzept der Zwischenstufen die Tatsache, dass jedes Individuum sowohl „männlich“ als auch „weiblich“ ausgeprägte Eigenschaften vereint, die einen oder mehrere der vier Bereiche betreffen können: 1. die Geschlechtsorgane, 2. sonstige körperliche Eigenschaften, 3. den Geschlechtstrieb und/oder 4. sonstige seelische Eigenschaften.
Mit dieser Theorie öffnete Hirschfeld bereits 1907 das gängige Konzept des biologisch-genitalen Geschlechts für Aspekte, die u.a. auf der erlebten Identität der Individuen beruhten.
Damit ebnete die „Zwischenstufentheorie”, die „während der Institutszeit die wissenschaftliche Leitidee für die meisten Mitarbeiter“ blieb, den Weg für das Verständnis von sexueller Vielfalt und Variabilität. (vgl. Herrn, Rainer (2022): Der Liebe und dem Leid, Suhrkamp, S. 31). Einher gingen damit auch eine Entpathologisierung und Entkriminalisierung des vermeintlich Abweichenden, von Menschen also, die außerhalb der gesellschaftlichen Norm standen.
- Location
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Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft, Berlin
- Collection
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Fotografische Sammlung des ehemaligen Instituts für Sexualwissenschaft
- Inventory number
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FSIFS-495_a
- Inscription/Labeling
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Bildunterschrift in Jahrbuch für sexuelle Zwischenstufen, 5. Jg., Heft 2: Annie Jones-Elliot
geb. 1873 in Maison, W.-Virginia, gest. 1902 in New-York.
Bildunterschrift in Hirschfeld: Geschlechtsübergänge: Androtrichie (feminae barbatae).
Bildunterschrift in Scott: Sexual-Prozesse: Sexualverbrechen der Natur
(Mit freundlichst erteilter Genehmigung des Instituts für Sexualwissenschaften (sic).)
Androtrichie (Feminae barbatae). Normalempfindende Frauen mit geschlechtskonträrer Gesichtsbehaarung. Eine bürgerliche verheiratete Frau.
Bildunterschrift in Wulffen: Der Sexualverbrecher: Abbildung 60. Androtrichie. Feminae barbatae. Miß Annie Elliot-Jans. Dr. Magnus Hirschfeld.
Bildunterschrift in Levy-Lenz: Hexenkessel der Liebe: Miss Elliot-Jones
Bildunterschrift in Polzer: Sexuellperverse: Bebartete Frauen
- Subject (what)
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Sexualdimorphismus
Schaustellung
Weiblicher Körper
Medikalisierung
Hirsutismus
- Subject (who)
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Annie Jones Elliot (1865-1902)
- Event
-
Gebrauch
- (who)
- (where)
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Berlin-Tiergarten
- (when)
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1919-1933
- (description)
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Besessen
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
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Wissenschaftlich-humanitäres Komitee (WhK)
- (where)
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Leipzig
- (when)
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1903
- (description)
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Veröffentlicht
- Event
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Verlust
- (where)
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Berlin
- (when)
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1933
- (description)
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Verschollen
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
- (where)
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Leipzig
- (when)
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1913
- (description)
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Veröffentlicht
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
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Franz Scott
- (where)
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Leipzig
- (when)
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1928
- (description)
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Veröffentlicht
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
- (where)
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Leipzig
- (when)
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1931
- (description)
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Veröffentlicht
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
-
Erich Wulffen (1862-1936)
- (where)
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Berlin
- (when)
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1910
- (description)
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Veröffentlicht
- Event
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Veröffentlichung
- (who)
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Wilhelm Polzer
- (where)
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Leipzig
- (when)
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1930
- (description)
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Veröffentlicht
- Other object pages
- Sponsorship
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Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes des Landes Berlin
- Rights
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Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft
- Last update
-
22.05.2025, 3:30 PM CEST
Data provider
Magnus-Hirschfeld-Gesellschaft. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Fotografie
Associated
- Institut für Sexualwissenschaft
- Wissenschaftlich-humanitäres Komitee (WhK)
- Magnus Hirschfeld (1868-1935)
- Franz Scott
- Ludwig Levy-Lenz (1892-1966)
- Erich Wulffen (1862-1936)
- Wilhelm Polzer
Time of origin
- 1919-1933
- 1903
- 1933
- 1913
- 1928
- 1931
- 1910
- 1930