Bestand

Nachlass Fürst Ernst I. (*1794, +1860) (Bestand)


Inhalt und Bewertung
Ernst I. wurde am 7. Mai 1794 in Langenburg geboren. Nach einem dreijährigen Studium an den Universitäten Tübingen und Heidelberg schloß sich ein Militärdienst in württembergischen Diensten an. Seit 1819 war er Mitglied der württembergischen Ständeversammlung. Seit 1833 Präsident des Ständischen Ausschusses und seit 1835 Präsident des Landtages und sich für die Wahrung der standesherrlichen Interessen seines Hauses und allgemein energisch ein. 1828 heiratete er mit Prinzessin Feodora zu Leinigen eine Halbschwester der Königin Victoria von Großbritannien. Am 12. April 1860 starb Fürst Ernst I. in Baden-Baden.
Gliederung: 1. Unterlagen und Erinnerungsstücke zum Lebensweg; 2. Diarien; 3. Angelegenheiten der Familie des Fürsten Ernst; 4. Angelegenheiten des Hauses Hohenlohe; 5. Angelegenheiten verwandter Familien; 6. Standesherrschaft Langenburg; 7. Tätigkeit als Standesherr; 8. Korrespondenz mit Angehörigen des Hauses Hohenlohe; 9. Korrespondenz mit Angehörigen anderer Fürsten- und Adelshäuser; 1. Sonstige Korrespondenz.

1. Zu Fürst Ernst I. zu Hohenlohe-Langenburg: Fürst Ernst I. Christian Karl zu Hohenlohe-Langenburg wurde am 7. Mai 1794 in Langenburg als Sohn des Fürsten Karl-Ludwig zu Hohenlohe-Langenburg (1762-1825) und seiner Gemahlin Amalie zu Solms-Baruth (1768-1847) geboren. Er wuchs mit drei älteren und drei jüngeren Schwestern sowie zwei jüngeren Brüdern in Langenburg auf. Seiner Erziehung zum künftigen souveränen Fürsten widmeten sich nacheinander drei Hofmeister: Heinrich Christoph Schirmer (ab 1799), Johann Christian Speier (ab 1802) und Johann Dietrich Block (ab 1809). Das Jahr 1806 brachte das Ende des Alten Reichs und die Mediatisierung der hohenlohischen Fürstentümer. Ein einschneidendes und das weitere Leben beeinflussendes Erlebnis für den jungen Prinzen. Mit seinem Hofmeister bezog Ernst im Mai 1810 die Universität Tübingen und wechselte im Mai 1812 an die Universität Heidelberg. Er unterzog sich einem Studium generale, welches ihn zu einer eigenständige Führung der nunmehrigen Standesherrschaft befähigen sollte. Nach dreijährigem fleißigem Studium trat Ernst 1813 als Unter-Lieutenant beim kgl. Garde-Regiment zu Pferd in den aktiven württembergischen Militärdienst ein. Ein Jahr später war er bereits Ordonanzoffizier und Stabsrittmeister und zog 1815 gegen Napoleon ins Feld. Im Mai 1816 nahm er seinen Abschied. In der Folgezeit wurde seine Erziehung durch Reisen und durch die Übernahme von Amtsgeschäften seines Vaters abgeschlossen. Von 1818 an vertrat er den Vater im Kampf um die Erhaltung der angestammten Rechte. Er wurde des öfteren zu Verhandlungen an die Bundesversammlung entsandt. Seit 1819 ist er zunächst als Vertreter des Vaters und anderer Familienangehöriger Mitglied der Ständeversammlung. Es gelang ihm einen vergleichsweise vorteilhaften Vertrag über die Rechte seines Hauses ("Deklaration über die staatsrechtlichen Verhältnisse") und eine beträchtliche finanzielle Entschädigung mit der württembergischen Regierung auszuhandeln. Kurz vor der Unterzeichnung starb der Vater am 4. April 1825 und Ernst übernahm bestimmungsgemäß die Regierung der Standesherrschaft. Von 1833-1858 (1860?) nahm er das Amt eines Präsidenten des Ständischen Ausschusses, dann ab 1835 auch das des Präsidenten des Landtages wahr. Dieses ehrenvolle Amt brachte ihm den Titel "Fürst-Präsident" ein und machte ihn zu einem der einflussreichsten Männer Württembergs. Die standesrechtlichen Interessen seines Hauses waren die der übrigen Standesherren Württembergs und wurden von ihm unter Nutzung seiner Präsidentenstellung vorangetrieben. Durch die Ablösungsgesetzgebung seit den 30er Jahren und noch einmal verstärkt im Gefolge der Revolution von 1848 wurden die traditionellen Rechte erneut tangiert. Es galt nun sowohl das Monarchische Prinzip wie auch die eigenen Standesinteressen zu verteidigen. In dieser Zeit trat Ernst der 1848 im Auftrag König Wilhelms I. in Frankfurt weilte als Koordinator der Interessen hervor. Die Verhandlungen übernahm jedoch mehr und mehr Prinz Carl von Oettingen-Wallerstein. Die führenden standesherrlichen Köpfe, zu denen auch Fürst Maximilian von Thurn und Taxis zu rechnen ist, organisierten in den 1850er Jahren eine Reihe von Zusammenkünften aller württembergischen Standesherren und versuchten auch einen Adels- bzw. Großgrundbesitzerverein zu gründen. Am 18. Februar 1828 heiratete Ernst die Prinzessin Feodora zu Leiningen (geb. 7. Dezember 1807, gest. 23. September 1872), eine Halbschwester von Königin Victoria von Großbritannien. Von seinen sechs Kindern starb lediglich Prinzessin Elise (1830-1851) zu seinen Lebzeiten. Seine beiden anderen Töchter, Adelheid (1835-1900) und Feodora (1839-1872), verheirateten sich 1856 bzw. 1858 mit Herzog Friedrich von Schleswig-Holstein (1829-1880) bzw. Herzog Georg II. von Sachsen-Meiningen (1826-1914). Die Hochzeiten seiner drei Söhne, Fürst Karl (1829-1907), Fürst Hermann (1832-1913) und Victor (1833-1891) erlebte er nicht mehr. Häufige Krankheiten zwangen Ernst sukzessive dazu sich aus den aktiven standesherrlichen Geschäften zurückzuziehen. 1858 bat er um seine Entlassung aus dem Präsidentenamt. Ernst starb während eines Aufenthalts in Baden-Baden am 12. April 1860 und wurde in Langenburg begraben. Dr. Rüdiger Kröger

2. Zum Nachlass und seine Bearbeitung: Der Nachlass enthält Unterrichtsaufzeichnungen, eigene Briefkonzepte und Briefe der Erzieher des Fürsten Ernst aus dem 1. Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts. Daran schließen sich einige Vorlesungsmitschriften von den Universitäten Tübingen und Heidelberg an. Von seiner kurzen Offizierslaufbahn zeugen wenige eigene Aufzeichnungen und die Ernennungsurkunden sowie erste regelmäßige Korrespondenz. Mit den 1817/18 übernommenen Aufgaben in Vertretung des Vaters setzten die vom Nachlasser selbst gebildeten Akten ein. Sie bilden den Auftakt zu sachbezogenen Ordnungsprinzipien für Ernsts eigene Schriftgutverwaltung, die letztendlich zur Aufgabe des Korrespondenzpartnerprinzips (sukzessive 1818 bis 1830) für den privaten Briefwechsel führte. Für die Zeit bis zum Tod des Vaters bietet dessen Nachlass (Bestand La 120 Privatregistratur) eine ergänzende Gegenüberlieferung. Eine nahezu vollständige Reihe von Schreibkalendern ab 1807 es fehlen lediglich die Jahrgänge 1812 und 1813 sowie 1817-1819 bildet das verbindende Rückgrat der gesamten nachgelassenen Unterlagen. Neben kurzen, in späterer Zeit in winziger Schrift und stark abgekürzt geschriebenen Eintragungen zum Tagesablauf enthalten sie auch in annähernder Vollständigkeit Angaben zur eingehenden und ausgehenden Korrespondenz, bisweilen auch inhaltlicher Art. Am 25. Dezember 1816 notierte Ernst in seinem Schreibkalender: "Von heute an alles was Geschäfte betrifft ins Geschäftsdiarium geschrieben." Dieses ist zunächst nur wenige Monate von ihm geführt, von 1825-1838 dann aber fortgesetzt worden. Dennoch bleibt der Schreibkalender Fürst Ernsts Informationsmedium schlechthin, mit Hilfe dessen es auch möglich ist, unvollständig datierte Unterlagen zu datieren. Ihm selbst diente es auch zur Besinnung wie z.B. die Einträge mit der Selbsteinschätzung seines Verhaltens in den ersten Kalendern oder beim Jahresrückblick: "Nachts bis 12 Uhr in meinem Tagebuch gelesen. Das Wichtigste was mir in diesem verflossenen Jahre begegnete und was ich that, mir wieder vergegenwärtigt, Betrachtungen darüber angestellt und Vorsätze für die Zukunft gefasst." [Schreibkalender 1822 Dezember 31] Der Nachlass des Fürsten Ernst ist bereits vorarchivisch Ordnungsmaßnahmen unterworfen worden. Ernst hat einen großen Teil seiner Unterlagen selbst formiert, nämlich ca. die Hälfte der "Sachakten" und ein Teil der Korrespondenz. Ob die übrigen Teile ungeordnet hinterlassen wurden oder aber von den Erben und Archivaren umformiert wurden ist nicht ersichtlich. Vermerke und Notizen von Ernsts Sohn Hermann belegen jedenfalls sein Eingreifen. Die eingehenden Schreiben versah Ernst mit einem aus Tag und Monat bestehendem Präsentatum. Häufiger finden sich auch Konzepte bzw. Inhaltsangaben der Antwortschreiben direkt auf den Eingängen oder Kuverts. Konzepte sind in den Sachakten regelmäßig, in der Korrespondenzserie nur ausnahmsweise vorhanden. Letztere werden nur dann bei der Verzeichnung ausdrücklich genannt, wenn sie einen größeren Anteil an der Überlieferung ausmachen. Die Korrespondenzserie wurde aus bestehenden Ansätzen heraus vom Bearbeiter weiterentwickelt. Überreste der auf den Nachlasser zurückgehenden Ordnung sind in Resten noch erkennbar für die Jahre 1813-1816, ausnahmsweise darüber hinaus, und 1825-1828. In der ersten Phase, die in etwa mit seiner aktiven Militärdienstzeit zusammenfällt sind separate Einheiten jeweils für Vater, Mutter und die einzelnen Geschwister (mit Schwägern) vorhanden. Ferner stellen in dieser Zeit jeweils die Briefe seiner Erzieher, Verwandten ("mit denen ich sonst gewöhnlich nicht korrespondiere") und als dritte Personengruppe Bekannte, zu welchen er auch "Geschäftliches" legte, eigene Ordnungseinheiten dar. Die Korrespondenz der Jahre 1825 und 1826 teilte er jahrgangsweise in die folgenden Einheiten: Vater, Mutter und Geschwister mit Schwägern, Verwandte und schließlich Geschäftliches. 1826-1828 dienen der Empfangsort als Ordnungskriterium. Aus späterer Zeit gibt es nur zwei erhaltene Einheiten, nämlich die Briefe seiner Kinder (1839) und allgemeines (1835/36). Da auch weitere Korrespondenz aus seiner ersten Lebenshälfte vorliegt, kann nicht gesagt werden, ob es weitere Ordnungen des Nachlassers gab oder ob Erben und Archivare vorgefundene Strukturen auflösten. Aus den 40er und 50er Jahren sind jedoch keine vom Nachlasser komponierten Korrespondenzen bekannt geworden, sehr wohl aber über den gesamten Zeitraum ab 1818 selbst zusammengestellte Sachakten. In diesen Sachakten befinden sich auch Briefe von Korrespondenzpartnern, für die er sonst eigene Einheiten schuf, die jedoch mit einem Teil ihres Inhalts eine spezielle Angelegenheit betrafen. Der Übergang von Korrespondenzpartner bezogenen Akten und Sachakten ist dabei fließend. Beispiele sind der Briefwechsel der Geschwister über ihre Eheprojekte und die Unterlagen über Angelegenheiten des Hauses Hohenlohe. Der Informationswert, der durch die ursprüngliche Einteilung des Nachlassers bewahrt wurde, ist sehr gering, namentlich nur bei der Charakterisierung des Geschäftlichen, Bekannten oder als entfernt Verwandt betrachteten messbar, so dass keine Bedenken bestanden, archivisch eine reine Korrespondenzpartnerserie zu bilden. Dr. Rüdiger Kröger Bei der archivischen Erschließung und Ordnung des Nachlasses durch den Archivassessor Dr. Rüdiger Kröger mussten vergleichsweise viele bestandsfremde Einsprengsel ausgesondert und in die richtigen Provenienzzusammenhänge gebracht werden. Die Verzeichnungstitel wurden -soweit möglich und sinnvoll - in Anlehnung an die entsprechenden Angaben des Nachlassers auf den Einschlagebögen, Notizzetteln oder Briefkuverts formuliert. Die Erschließung und Ordnung des Bestandes erfolgte zwischen September und Dezember 2003 durch Archivassessor Dr. Kröger im Rahmen eines durch die Kulturgutstiftung Baden-Württemberg geförderten Projektes zur Erschließung von Nachlässen des Archivs Langenburg aus dem 19. und 20. Jahrhundert. Die Betreuung des Projektes und die abschließenden Arbeiten erfolgten durch den Unterzeichnenden, die abschließende Bearbeitung der Midosa-Daten und die Anfertigung der Findbuchreinschrift besorgte Diane Leutwein. Die Büschel sind entsprechend der Bearbeitungsreihenfolge durchnummeriert. Bei der Zitierung und auch für das Ausheben der Einheiten ist die Büschelnummer anzugeben, nicht die Ordnungsnummer. Eine Konkordanz zwischen Büschelnummer und Ordnungsnummer befindet sich im Anhang. Der Bestand "Nachlass Fürst Ernst I." umfasst 351 Büschel in 6,5 lfd. m. Neuenstein, im April 2004 Dr. Peter Schiffer

3. Literatur: Hohenlohe-Schillingsfürst, Franz Josepf: Monarch, Edelleute, Bürger: Die Nachkommen des Fürsten Carl Ludwig zu Hohenlohe-Langenburg. Schellenberg 1952 Raberg, Frank: Biographisches Handbuch der württembergischen Landtagsabgeordneten 1815-1933. Stuttgart 2001, S. 380f. Trauerrede bei der feierlichen Beisetzung des verewigten weil. durchlauchtigsten Fürsten Ernst Christian Karl von Hohenlohe-Langenburg in der Stadtkirche zu Langenburg gehalten am 20. April 1860. Gerabronn o. J. Unsere Zeit. Deutsche Revue der Gegenwart. Monatsschrift zum Conversationslexikon. Leipzig. 5, 1861, S. 206; NF 8, 1872, S. 793f. Weber, Hartmut: Die Fürsten von Hohenlohe im Vormärz. Politische und soziale Verhaltensweisen württembergischer Standesherren in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Schwäbisch Hall 1977 (zugl. Diss. phil. Universität Tübingen 1974)

Bestandssignatur
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein, La 137
Umfang
351 Bü (6,5 lfd.m)

Kontext
Landesarchiv Baden-Württemberg, Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein (Archivtektonik) >> Hohenlohe-Zentralarchiv Neuenstein >> Archiv Langenburg >> Nachlässe

Bestandslaufzeit
1802-1860

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Rechteinformation
Letzte Aktualisierung
25.02.2022, 08:54 MEZ

Objekttyp


  • Bestand

Entstanden


  • 1802-1860

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