Unter großer öffentlicher und internationaler Anteilnahme wurde dieser Tage in ganz Deutschland – und natürlich insbesondere in Berlin – der Öffnung der deutsch-deutschen Grenze vor 25 Jahren gedacht. Die Feierlichkeiten und Gedenkveranstaltungen zum Mauerfall am 9. November 1989 sind dabei ein mehr als gegebener Anlass, auch in der Deutschen Digitalen Bibliothek nach Zeugnissen und Kunstwerken aus der bewegten deutsch-deutschen Geschichte zu suchen.

Eine besondere Form der ästhetischen und inhaltlichen Auseinandersetzung mit der Alltagsrealität der DDR, sowie mit den Auswirkungen von Teilung und Wiedervereinigung, offenbart sich in den fotografischen Arbeiten von Christian Borchert (1942 – 2000). Borcherts Nachlass gehört zum Bestand der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek (SLUB) Dresden, und digitalisierte Objekte dieser umfangreichen Sammlung sind dank der Deutschen Fotothek der SLUB nun in der Deutschen Digitalen Bibliothek recherchier- und auffindbar.

Als gleichsam subtiler und distanzierter Chronist hat sich Borchert auch wiederholt mit dem Motiv der Berliner Mauer beschäftigt, und schon in den 1960er Jahren richtete er den Blick über die Staatsgrenze zu Westberlin. Auf Anfang der 1980er Jahre datiert wiederum eine Serie abfotografierter Fernsehbilder, in denen Borchert eine eigentümliche, verfremdende Sicht auf das buchstäblich unnahbare Bauwerk entwickelt.

Dieser zwangsläufige Abstand zum Objekt schwindet schlagartig nach dem 9. November 1989, und in Folge fängt Borchert den nunmehr selbst zur Geschichte gewordenen Grenzwall in berückenden Bildern ein: "Checkpoint Charlie" gehört nun ebenso zu seinen Motiven wie die nunmehr geöffneten und de facto obsoleten Grenzübergänge an der Chausseestraße, der Oberbaumbrücke oder an der Bornholmer Straße.

Eine andere Aufnahme zeigt Steine werfende Kinder im Mauerschutt, eine weitere einsame Trümmer, die schon fast an antike Ruinen gemahnen könnten, wären da nicht die prototypischen Graffiti auf dem Beton. Christian Borcherts Mauerbilder entfalten so ihre Wirkung als suggestive, oft trügerisch stille Impressionen, die ihrer dramatischen Entstehungszeit eine neue Ebene der Reflektion entgegensetzen.