New York hatte 1950 damit Rechtsgeschichte geschrieben, als erster US-Bundesstaat sexuelle Handlungen zwischen Männern zu einer Ordnungswidrigkeit herabzustufen und statt mit Gefängnis fortan „nur“ noch mit einer Geldstrafe zu ahnden. Homosexualität ist 1969 damit aber immer noch eine Straftat. Lesben werden zwar strafrechtlich nicht direkt verfolgt, sehen sich aber trotzdem systematischen Repressalien und Diskriminierung ausgesetzt. Besonders dramatisch ist die Situation von trans Personen: Sie sind in hohem Maß von Polizeibrutalität, sexualisierter Gewalt und Obdachlosigkeit betroffen und werden sogar innerhalb der queeren Community angefeindet.
Die organisierte queere Community ist in den späten 1960er-Jahren extrem klein – in der Mattachine Society organisieren sich schwule Männer seit 1950, und die Daughters of Bilitis sind seit 1955 eine Anlaufstelle für Lesben. Die Angst vor öffentlichen Repressalien ist so groß, dass die Daughters of Bilitis zunächst als Geheimorganisation gegründet werden und sich die Mitglieder der Mattachine Society ausschließlich unter Pseudonym treffen. Im Zentrum dieser Bewegung steht Seriosität, die Aktivist*innen wollen zeigen, dass sie Teil der Gesellschaft und wie alle anderen sind. Damals ist es ein revolutionärer Akt, als schwules Paar in einem schicken Restaurant einzufordern, bedient zu werden.
Queere Bars: Zwischen Mafia und NYPD
Sichere Orte, an denen sich die queere Community treffen kann, gibt es selbst in New York City kaum. Queere Bars sind zwar nicht per Gesetz verboten, die Stadtverwaltung findet aber juristische Umwege, um ihre Existenz praktisch unmöglich zu machen. LGBTQIA+ Bars erhalten keine Ausschanklizenz, dürfen also keinen Alkohol verkaufen. Das treibt die Community in die Arme der Mafia, die illegale Ausschanklizenzen verteilt – natürlich gegen Geld. Die Mafia nutzt die Notlage queerer Menschen finanziell aus, die auf diese Weise gleichzeitig in die Kriminalität gedrängt werden. Queere Bars sind deshalb keine gemütlichen Lokale, wie es heute oft der Fall ist, sondern heruntergekommene Kaschemmen. Das Stonewall Inn beispielsweise hat weder laufendes Wasser noch funktionierende Toiletten.
Zwischen Mafia auf der einen Seite und Polizei auf der anderen wird die queere Szene zerrieben. Queere Menschen sind leichtes Ziel einer Polizei, die ihre Verhaftungsquote aufbessern will: Die bei Razzien obligatorischen Ausweiskontrollen führen umstandslos zur Verhaftung von trans Frauen und Menschen, die sich dem binären Geschlechtersystem widersetzen. Sie verhalten sich nicht entsprechend dem Geschlecht, das in ihrem Pass verzeichnet ist und werden deshalb zum Beispiel für „female impersonation“ (in etwa: Damenimitation) verhaftet. Hier lautet die Regel: Es müssen mindestens drei Kleidungsstücke getragen werden, die dem zugeschriebenen Geschlecht entsprechen. Auch gleichgeschlechtliches Tanzen ist verboten und Grund für eine Verhaftung.
Obwohl „unsittliche“ Bars auf Geheiß des Bürgermeisters John Lindsay permanent geschlossen werden sollen, können sie oftmals noch in derselben Nacht wieder öffnen – das lässt sich die New Yorker Polizei teuer bezahlen. Queere Bars zahlen Schutzgeld also nicht nur an die Mafia, sondern auch an das NYPD.