Bestand
Marinefriedenskommission (Mafri/Friko) / Marinewaffenstillstandskommission Spa (Marinewako) und Völkerbundgruppe Marine (Bestand)
Geschichte des
Bestandsbildners: Kapitän zur See Ernst Vanselow
Kapitän zur See Ernst Vanselow gehörte seit
Nov. 1918 der Waffenstillstandskommission Berlin als Vertreter
des Vorsitzenden Staatssekretärs (später Reichsminister)
Erzberger an. Innerhalb der Kommission hatte er die Leitung der
Abteilung für Schifffahrts- und Ernährungsangelegenheiten inne.
In dieser Eigenschaft führte er im Auftrag des Chefs der
Seekriegsleitung (Skl), Admiral Scheer, die Verhandlungen über
den Entwurf des Waffenstillstandsabkommens in der
Sonderbesprechung für Marineangelegenheiten in Compiègne am 8.
Nov. 1918 mit der Anweisung, „Milderungen" in einzelnen Punkten,
besonders die „Blockade" betreffend, zu erreichen.
Ebenso war er bei weiteren Verhandlungen mit
den Alliierten bis zur Unterzeichnung des
Waffenstillstandsvertrages am 11. Nov. 1918 eingeschaltet.
Als Bevollmächtigter neben Staatssekretär
Erzberger, Generalmajor von Winterfeld und dem Gesandten Graf
Oberndorf führte er die Verhandlungen bei den drei
Verlängerungen des Waffenstillstands ( 12. Dez. 1918, 16. Jan.
1919, 16. Febr. 1919).
Besonders wirkte
Kapitän zur See Vanselow mit bei Artikel V., Bestimmungen
hinsichtlich der Seemachtverhandlungen am 15. Febr. 1919, neben
Korvettenkapitän Hintzmann und Kapitänleutnant Kiep.
Marine-Friedenskommission
Die Marine-Friedenskommission wurde am 23. Nov. 1918 als
„Marineabordnung für die ‚Deutsche Friedenskommission'"
gebildet. Dass es eine Marine-Friedenskommission als
Nachfolgeorganisation der Marine-Waffenstillstandskommission
geben würde, zeichnete sich bereits im Oktober 1918 ab. „Als
Verbindungsoffizier mit der ‚Leitung der Friedensverhandlungen'
während der Vorarbeiten" wurde Kapitän zur See Ernst Vanselow
bezeichnet, „als Bevollmächtigter des Staatssekretärs des
Reichs-Marine-Amts" Konteradmiral Friedrich von Bülow. Die
Marine-Friedenskommission war die Stelle für alle Verhandlungen
der Marine mit den interalliierten Kommissionen. Sie stand
unmittelbar unter dem Chef der Admiralität; ihr Leiter handelte
innerhalb seines Aufgabenkreises im Auftrag des Chefs der
Admiralität.
Die
Marine-Friedenskommission bestand bei ihrer Gründung aus
Konteradmiral von Bülow als Chef, vier Mitgliedern, einem
Hilfs-Marine-Kriegsgerichtsrat, einem Registrator, einem
Sekretär und einem Hilfsarbeiter.
Die
Aufgaben der Marine-Friedenskommission waren folgende:
„a) Führung aller Verhandlungen mit den
interalliierten Kommissionen, soweit nicht ausdrücklich vom Chef
der Admiralität eine abweichende Regelung befohlen.
b) Vermittlung des Verkehrs dieser Kommissionen
mit einzelnen Dienststellen der Marine.
c) Vorbereitung und Durchführung der Besichtigungsreisen
der interalliierten Kommissionen, Gestellung der
Begleitoffiziere zu diesen Reisen."
d)
Vermittlung jeglichen Verkehrs des Reichs-Marine-Amts mit der
Friedensstelle des Auswärtigen Amts."
Am
16. Jan. 1920 wurde die Geschäftsordnung der
Marinefriedenskommission geändert. Kapitän zur See Kommodore
Freiherr von Gagern wurde neuer Vorsitzender der Kommission,
dessen Bezeichnung von „Chef" zu „Präses" wechselte.
Laut der „Gliederung und Namensverzeichnis der
Marinefriedenskommission" vom 30. Sept. 1920 gliederte sich die
Marinefriedenskommission wie folgt: an der Spitze stand ein
Vorsitzender, Kapitän zur See Max Reymann, darunter standen
sieben Dezernenten. In der Unterkommission A waren zwei
Mitarbeiter aufgeführt, in der Unterkommission B drei
Mitarbeiter und in der Unterkommission D ein Mitarbeiter.
Weiterhin aufgeführt sind zwei Dolmetscher und zwei
Hilfsarbeiter. Schließlich sind Verbindungsoffiziere an
verschiedenen Orten aufgelistet, nämlich acht in Berlin, fünf in
Wilhelmshaven, zwei in Cuxhaven, acht in Kiel, einer in Bremen,
zwei in Geestemünde, zwei in Hamburg, einer in Emden und Borkum,
einer in Flensburg, einer in Stettin und einer in Pillau. Von
diesen Verbindungsoffizieren versahen acht den Dienst bei der
Marinefriedenskommission nebenamtlich.
Die Organisation der Marine-Friedenskommission wurde der
Organisation der Naval Interallied Commission of Control
(Niacc/Niac) angepasst, indem entsprechend den drei
Subkommissionen der Niacc auch in der Mafri Unterkommissionen
gebildet wurden „mit dem Unterschied, dass dem Unterausschuss C
kein gleichartiger gegenübersteht, da die Entfestigung von
Helgoland einschließlich der Zerstörung des Hafens vom
Reichsschatzministerium bearbeitet wird und dieses zum direkten
Verkehr mit dem Unterausschuss C der Niacc eine besondere
Kommission mit dem Sitz in Helgoland eigesetzt hat". Die
Unterkommissionen A und B waren für Auskunfterteilung und
Vermittlung für die Sub-Kommissionen A und B der Niacc
verantwortlich, zudem für die Erledigung nicht grundsätzlicher
Fragen mit den Subkommissionen nach Anweisung des Präses der
Marine-Friedenskommission, sowie die Unterrichtung der
Marine-Friedenskommission. Sie wurden geführt vom Präses der
Unterkommissionen A und B. Die Unterkommissionen wurden in der
Admiralität gebildet. Sie verkehrten nur mit der
Marine-Friedenskommission und den entsprechenden
Subkommissionen.
Als Ergänzung zu den
Unterkommissionen A und B der Mafri wurde die Unterkommission D
gegründet. Ihre Aufgabe bestand laut der „Organisation für die
Unterkommission D. der Marinefriedenskommission" vom 29. Jan.
1920 in der „Auskunfterteilung und Vermittlung für die
interalliierte Zweigunterkommission Kiel in Angelegenheit der
Befestigungen, Unterrichtung der Marinefriedenskommission [und]
Erledigung nicht grundsätzlicher Fragen mit der Interalliierten
Zweigkommission nach Anweisung des Präses der
Marinefriedenskommission". Bereits am 6. März wurden ihre
Aufgaben jedoch „auf die Nordseebefestigung beschränkt".
Gliederung (Stand 28. Nov. 1918, aufgelöst am
31.1.1927), aus: RM 8 F 7841 Mitteilungen ff Bd. 1)
Chef für Karten: Konteradmiral von Bülow
Fr I (Kapitän zur See Vanselow)
Seerechtsfragen und wirtschaftliche
Angelegenheiten
Fr II (Fregattenkapitän
Freiherr von Gagern)
Militärische
Angelegenheiten
Fr III (Korvettenkapitän
Humann)
Allgemeine Marineangelegenheiten,
Auslandsdienst und französische Übersetzungen
Fr IV (Kapitänleutnant Kiep)
Adjutant, personelle Angelegenheiten und englische
Übersetzungen
Fr I,1 (Scheurer)
Hilfsmarinekriegsgerichtsrat
FR (zu Klampen)
Registratur
Fr III,1 (Sekretär Wachenheimer)
Fr I, 2 (Hilfsarbeiter Picht)
Völkerbundgruppe Marine
Bei der
Marineleitung wurde am 4. Nov. „eine neue Gruppe mit der
Bezeichnung ‚Völkerbundgruppe Marine' (VGM)" gebildet. Sie war
„das Organ der Marineleitung bei den internationalen
Verhandlungen des Völkerbundes und ressortiert vom
Marinekommandoamt." Diese bestand aus den Untergruppen VGM I für
den Außendienst und VGM II für den Dienst in der Heimat. Leiter
war Konteradmiral Freiherr Freyberg-Eisenberg-Allmendingen. Die
Bezeichnung „Mafri" entfiel ab diesem Zeitpunkt.
Am 31. Jan. 1927 verließ die Niacc/I.M.K.K.
Deutschland, sodass die Heeres- und die
Marine-Friedenskommission auf Anordnung des Reichswehrministers
ihre Tätigkeit am gleichen Tage einstellten. Die Untergruppe VGM
II übernahm die Restaufgaben sowie die Abwicklung der Mafri. Sie
führte nun „ihren gesamten Schriftwechsel als Bestandteil der
VGM im Rahmen des Marinekommandoamts".
Am
30. Sept. 1930 folgte schließlich die Auflösung der bis dahin
selbständigen Registratur VGM. Die Registraturgeschäfte der VGM
wurden ab dem 1. Okt. 1930 von der Registratur A (A I)
wahrgenommen.
Bestandsbeschreibung:
Während des 2. Weltkrieges wurden die Marineunterlagen am 22.
November 1943 auf Schloss Tambach bei Coburg ausgelagert. Nach
Kriegsende wurde das Archivgut von den US-amerikanischen Truppen
beschlagnahmt und nach London verbracht. Dort hat man die Akten
in großem Umfang verfilmt, zu Bündeln zusammengefasst, mit
fortlaufenden F-Nummern („Faszikel", „File" oder „Fach") und
z.T. mit einer siebenstelligen Nummer mit den vorangesetzten
Buchstaben PG („Pinched from the Germans") versehen.
Anschließend wurde das Archivgut der britischen Admiralität
übergeben.
In den 60er Jahren wurden die
Marineakten im Rahmen der Aktenrückführung an die Bundesrepublik
Deutschland zurückgegeben und gelangten in die
Dokumentenzentrale des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes
(MGFA) in Freiburg. Aufgrund einer interministeriellen
Vereinbarung zwischen dem Bundesminister der Verteidigung und
dem Bundesminister der Innern aus dem Jahre 1968 wurden die
Akten von der Dokumentenzentrale ins Bundesarchiv übertragen.
Sie gelangten schließlich in das von Koblenz nach Freiburg
verlegte Bundesarchiv-Militärarchiv.
Die
Akten wurden in der vorgefundenen Ordnung belassen. Lediglich
zwei Großformate wurden zum Zweck der Bestandserhaltung aus
ihrer angestammten Akte (RM 9/42) entfernt und dem Bestand
angegliedert.
Inhaltliche
Charakterisierung: Das überlieferte Schriftgut aus der Zeit von
1918 bis 1921 betrifft im wesentlichen
Waffenstillstandsansprüche, Auslieferung deutscher U-Boote,
Organisationsfragen und Schadenersatzansprüche der Alliierten.
Ab 1926 sind Unterlagen über Völkerbundfragen,
Presseangelegenheiten und die Abrüstungskonferenzen in Genf und
London vorhanden.
Erschließungszustand:
1-49, Archivalienverzeichnis
Umfang, Erläuterung:
Bestand ohne Zuwachs
35,0 lfm 1315
AE
Zitierweise: BArch RM
9/...
- Reference number of holding
-
Bundesarchiv, BArch RM 9
- Extent
-
1312 Aufbewahrungseinheiten; 35,0 laufende Meter
- Language of the material
-
deutsch
- Context
-
Bundesarchiv (Archivtektonik) >> Norddeutscher Bund und Deutsches Reich (1867/1871-1945) >> Militär >> Reichswehr und Wehrmacht 1919 bis 1945/1946 >> Reichsmarine und Kriegsmarine >> Weitere nachgeordnete Einrichtungen
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RM 8/1905 Aktenverzeichnisse von an das Kriegsarchiv abgegebenen Akten
RM 8/1909 Aktenverzeichnisse der Marine-Friedenskommission
RM 20 Marinekommandoamt der Reichsmarine und Kriegsmarine
RM 21 Allgemeines Marineamt der Reichsmarine und Kriegsmarine
RM 23 Marineverwaltungsamt der Reichsmarine und Kriegsmarine
R 904 Deutsche Waffenstillstandskommission
Literatur: HILDEBRANDT, Hans H.: Die organisatorische Entwicklung der Marine nebst Stellenbesetzung 1848 bis 1945, Osnabrück 2000
- Date of creation of holding
-
1918-1935
- Other object pages
- Provenance
-
Völkerbundsgruppe Marine (V G M), 1918-1935
- Online-Beständeübersicht im Angebot des Archivs
- Last update
-
16.01.2024, 8:43 AM CET
Data provider
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Object type
- Bestand
Time of origin
- 1918-1935