Archivale
Iniurien gegen den Bürgermeister wegen seiner Amtsführung im Streit wegen Einquartierungen
Enthält: Vor dem Drossart der Herrschaft Kerpen [damals Johann Jakob von Kintzweiler], verteidigt sich der Bürgermeister Reinhard Reidt gegen Beschuldigungen von Kerpener Mitbürgern, namentlich Wilhelm Draetz, dem Schulmeister Lambert Vaetz, M[agister] Lenz und Johann Wyrichs sowie Lenz Schweder, wegen seiner Amtsführung. Sie warfen ihm Unregelmäßigkeiten bei der "Billettierung", d. h. der Berechnung des Anteils an Einquartierung und Unterhalt der Soldaten, vor. Er soll sich und die Seinen übervorteilt ("verschonet") haben, obwohl er doch genug, nämlich bei vier verschiedenen Pachtleuten, Land besäße, von dem er die Soldaten hätte bezahlen können. Die früheren Bürgermeister hätten immer zuerst bei sich "billettiert" und dann bei den anderen. Er, Reidt, habe hingegen die Lasten den Gemeindearmen aufgebürdet und einem Korporal, der bei ihm wohnte, gesagt, ihn nur gegen Schläge ("mit Schlahn astringiren") zu unterhalten. Auch eine Soldatenfrau, deren Mann sich doch zur Zeit in Gefahr für Leib und Leben befinde, habe er übel behandelt, wie Johann Graetz auf dem Markt erzählt hat. Außerdem hätte er sein Amt erschlichen ("eingebetten"). Wörtlich hatten sie sich ausgelassen: "er wehre nit gut genoich, der Gemeinden zu dienen", und der Gerichtsbote Johann Schoentzeler und sein Sohn Jacob hatten hinzugesetzt: "es wehre besser, das man eine(n) solche(n) Bürgermeister zu Thot schluge ... und bezalt ihne vor gut"), und: "er solte nach Hemmersbach gehen und aldha Beletter [Billette] machen". Wilhelm Draetz und Lenz Schweder hatten ihn noch dazu am Martinstag [11.11.] beschuldigt, er und sein Mitbürgermeister Johann Mausbach "versuffen der Gemeinden ihre Wolfart, und (sie) weren Verderber der Gemeinden". Reinhard Reidt weist die Vorwürfe zurück. Man erfährt, dass der Vater von Reinhard zwar einst als Straftäter hingerichtet worden war. Der Sohn sieht darin aber keinen Anlass, ihn deswegen für unehrlich zu halten. Zudem wäre er in Abwesenheit zum Bürgermeister gewählt worden. Dem Vorwurf, dass er Gemeindegut vertrinke, entgegnet er, dass er bei den gegenwärtigen Einquartierungen und Heerzügen ("Uberzuggen") zum Wohl der Gemeinde selbst viel Schaden erlitten und ausgestanden habe. Die Beleidiger ("Injurianten") sollen daher gehörig bestraft und zum öffentlichen Widerruf angehalten werden. Er fügt auch ein Leumundszeugnis seines Mitbürgermeisters Johann Mausbach vom 10.12.1632 bei. Dieser erklärt, dass er dem Kollegen Reinhard, weil dieser besser schreiben könne, bei der letzten Verteilung von zwei Kompanien die Billettierung aufgetragen habe. Zur Entschuldigung, dass Reidt, wenn überhaupt, dann sicher nicht absichtlich ungleich gehandelt hätte, setzt er hinzu, dieser habe erst vor einigen Jahren in den Ort eingeheiratet. Er sei vielleicht mit den Gewohnheiten hier noch nicht so vertraut, außerdem sei ihm das Billettieren ("solch taedieuz [= ekelig, abscheulich] werck") von den Kriegsläufen aufgezwungen worden. Die "Injurianten" und "Calumnianten" sollten selbst zeigen, dass sie solcher Eile und "Inpotunitet" [ungünstigen Zeit] noch jeden zufriedenstellen ("contentament beletteren") könnten.
- Reference number
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GerKer, 654
- Extent
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Schriftstücke: 4
- Context
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Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.3 Arbeitsrechtsklagen
- Holding
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GerKer Schöffengericht Kerpen
- Indexbegriff subject
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Billettierung = Einquartierung
- Indexentry person
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Draetz, Wilhelm
Kintzweiler, Johann Jakob von, Drossart
Lenz, M[agister]
Mausbach, Johann, Bürgermeister
Reidt, Reinhard, Bürgermeister
Schweder, Lenz
Vaetz, Lambert, Schulmeister
Wyrichs, Johann
- Date of creation
-
1632
- Other object pages
- Delivered via
- Last update
-
05.11.2025, 3:08 PM CET
Data provider
Stadtarchiv Kerpen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivale
Time of origin
- 1632