Bestand
Wohltätigkeitsstiftungen ältere Spezialregistratur (Bestand)
        Seit dem Mittelalter verfügte Nürnberg über ein reichhaltiges Stiftungswesen, das wesentliche Aufgaben in den Bereichen Krankenpflege, Wohltätigkeit, Bildung und Kultus erfüllte. Die meist testamentarisch von privater Seite getätigten Stiftungen beruhten auf Einnahmen aus Haus- und Grundbesitz (wodurch ihnen manchmal auch Aufgaben der Grundherrschaft zufielen) oder Anleihen (Ewiggeldern der Losungstube), ihre Verwaltung lag teils in den Händen eigens hierzu eingesetzter Gremien und Pfleger, teils hiermit nebenamtlich betrauter Privatleute, Amtsträger oder Institutionen (z.B. Angehörige bestimmter Familien, Pfarrer bestimmter Kirchen, Handelsvorstand, Vormundamt). Nur die größten stiftungsbasierten Institutionen (Spitäler, Zwölfbrüderhäuser, Findel, Armenschulen) besaßen darüber hinaus hauptamtliches Unterpersonal. Zumeist dienten die einzelnen Stiftungen mehreren unterschiedlichen Zwecken (z.B. Armenunterstützung, Stipendien für Studenten). Die Vielzahl oft kleiner, voneinander unabhängiger Stiftungen führte zu Unübersichtlichkeit, Ungerechtigkeiten bei der Austeilung und hohem Verwaltungsaufwand, was bereits in reichsstädtischer Zeit zu mehreren Reformversuchen führte.
Nach der Annexion Nürnbergs durch Bayern 1806 wurden die Nürnberger Stiftungen seit 1808 in die bayerische Stiftungsreform einbezogen, die nach den Grundsätzen der 
- Verstaatlichung und Zentralisierung (Ersetzung der privaten, kirchlichen oder kommunalen Verwalter der einzelnen Stiftungen durch eine gemeinsame staatliche Stiftungsverwaltung), 
- Purifizierung (Trennung der Stiftungsverwaltung von allen anderen Verwaltungssparten sowie Trennung der Teile unterschiedlicher Zwecksetzung der gleichen Stiftung voneinander), 
- Konsolidierung (Zusammenfassung der Teile gleicher Zwecksetzung aus verschiedenen Stiftungen zu einheitlichen Stiftungsfonds) und 
- Kapitalisierung (Ersetzung der Immobilienfundierung durch Staatsanleihen mit dem Nebenzweck des staatlichen Zugriffs auf die Stiftungsvermögen) 
rigoros und oft unter Missachtung des Stifterwillens durchgesetzt wurde. 
Die staatliche Stiftungsverwaltung gliederte sich in eine Verwaltung der Kultus-, Unterrichts- und Erziehungsstiftungen einerseits und eine Verwaltung der Wohltätigkeitsstiftungen andererseits. Das Stiftungsvermögen wurde nach seinem Verwendungszweck in mehrere große "konsolidierte" Stiftungsfonds sowie eine Reihe kleinerer isolierte Stiftungen bzw. Stiftungsfonds mit besonderer Zwecksetzung zusammengefasst. 
Das durch überzogene Zentralisierung, Kompetenzgerangel und Willkür der Stiftungsverwaltung ausgelöste Chaos und der Widerstand der Betroffenen ließen es der bayerischen Regierung seit 1810 geraten erscheinen, zunächst schrittweise von ihrer bisherigen Politik abzurücken. 1818 wurde schließlich die gesamte Stiftungsverwaltung vom Staat auf die neugeschaffenen Kommunen übertragen, ein Teil der 1808 verstaatlichten Familienstiftungen reprivatisiert. Damit waren wesentliche Teile der Stiftungsreform rückgängig gemacht. Die zunächst ebenfalls kommunalisierten Kirchenstiftungen wurden 1834 den neugeschaffenen Kirchenverwaltungen übergeben.
Auch nach der Kommunalisierung wurde die Gliederung der Stiftungsverwaltung in die Verwaltung der Kultus- und Unterrichtsstiftungen einerseits und die Verwaltung der Wohltätigkeitsstiftungen andererseits beibehalten. Die Registratur der Wohltätigkeitsstiftungen teilte man in einen älteren Bereich, dessen Schriftgut den Stiftungen der reichsstädtischen Zeit entstammte und abgeschlossen wurde (reponierte Registratur, heute Bestand D 15), und einen neueren Bereich, der die bayerische und kommunale Stiftungsverwaltung seit Beginn der Stiftungsreform 1808 umfasste (heute Bestand D 20). 
Der ältere Teil des Schriftguts der Wohltätigkeitsstiftungen gelangte spätestens 1878 ins Stadtarchiv. Hier wurden ihm seit 1928 die Urkunden entnommen und in die neu geschaffene Urkundenreihe A 1 eingereiht. Weitere Veränderungen gegenüber dem ursprünglichen Archivalienbestand ergaben sich durch die Aufnahme zahlreicher weiterer, nachträglich aus Sammlungsbeständen, Ankäufen etc. hinzugekommener Archivalien einerseits, die Entfremdung zahlreicher Archivalien im Zuge der Auslagerungsaktionen des Zweiten Weltkriegs andererseits, die sich heute in großer Zahl im Sammelbestand A 32 befinden. Schließlich wurde das Schriftgut der größten oder aus anderen Gründen wichtigen Einzelstiftungen ausgegliedert und zu eigenen Provenienzbeständen formiert (heutige Bestände D 2 bis D 14, D 18, D 19, D 21 und B 35). Der übriggebliebene Bestand D 15 wurde 2002/03 revisioniert, technisch aufgearbeitet, teilweise neu verzeichnet und in eine Datenbank eingegeben.
Zur Verzeichnung: Die Ordnung der "Älteren Spezialregistratur" wurde vollständig als Gliederung durch Thesaurusbegriffe übernommen. Das bedeutet: Thesaurusbegriffe, zu denen keine Einträge vorhanden sind (bzw. nur ein systematischer Eintrag), sind auch historisch ohne Überlieferung geblieben. Zu zahlreichen Einzelstiftungen existieren keine Dokumente. Etliche Urkunden aus dem Stiftungsbestand sind nach A 1 selektiert worden. Im Zweifelsfall sind die Angaben, seit wann ein Archivale ggf. fehlt, aus dem alten Findbuch (Stadtarchiv Nürnberg C 36/II Nr. 317) zu entnehmen. Die Berichte von Stiftungsadministratoren aus dem Jahre 1807 zu ca. 150 Stiftungen wurden provenienzmäßig dem Bestand C 113 Generallandeskommissariat Franken zugeordnet (C 113 Nr. 16-28).
    
- Reference number of holding
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                D 15
 
- Context
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                Stadtarchiv Nürnberg (Archivtektonik) >> Stadtarchiv Nürnberg >> Bestandsgruppe D: Stiftungen und Stiftungsverwaltungen >> D 15 - Wohltätigkeitsstiftungen ältere Spezialregistratur
 
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                        05.06.2025, 11:18 AM CEST
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Object type
- Bestand
