Bestand
Evangelischer Reichs-Erziehungsverband (Bestand)
Der Verband versteht sich als
Zusammenschluß für die gesamte Erziehungsarbeit der deutschen
evangelischen Kirchen mit ihren Organisationen und
Einrichtungen.
Index überarbeiten !!!
siehe
auch EEV - Akten (des sich nach 1945 in Bethel bei Bielefeld
reorganisierten Reichserziehungsverbandes (EREV / West)).
laut
Fr. Schwittlinsky benötigt der EREV eine neue Einleitung, die zeitgleich
mit der Einleitung von CA/J verfasst werden sollte.
Vorwort: Geschichte des
Evangelischen Reichs-Erziehungsverbandes (EREV)
Die Erziehungsarbeit gehört zu den frühesten Arbeiten der Inneren
Mission; ein fester organisatorischer Zusammenschluß kam jedoch erst
relativ spät zustande. Vorläufer des EREV waren die Kommission für das
Rettungshauswesen (1891), später erweitert zum Ausschuß für Rettungshaus-
und Erziehungswesen (1904), und das Evangelische Erziehungsamt der
Inneren Mission (1913). Obwohl in diesen Organisationen immer wieder für
eine stärkere Zusammenfassung der evangelischen Erziehungsarbeit plädiert
wurde, kam es erst in der Umbruchsituation nach dem I. Weltkrieg zur
Gründung des „Evangelischen Reichs-Erziehungsverbandes“ (12.3.1920 in
Erfurt). Der bis heute bestehende Dachverband verfolgte das Ziel, die
gesamte Erziehungsarbeit der deutschen evangelischen Kirchen mit ihren
Organisationen und Einrichtungen zusammenzuschließen und einheitlich zu
vertreten (1).
Die Konstituierung der Weimarer
Republik nach dem Ende des I. Weltkrieges bedeutete einen grundlegenden
gesellschaftlichen Umbruch. Der junge Staat nahm die Gestaltung des
Sozialsystems in seine Verantwortung, was von der freien Wohlfahrtsarbeit
mit Skepsis zur Kenntnis genommen wurde. Man befürchtete die
Verstaatlichung der sozialen Arbeit überhaupt (2). Hinzu kam die
finanzielle Krise, die die Anstalten und Vereine bedrohte. Die straffere
Zusammenfassung der Erziehungsarbeit in Verbandsform konnte nicht länger
hinausgeschoben werden.
Die Arbeit des Verbandes
wurde neben den Ausschüssen, die sich bald konstituierten, durch den
Vorstand, das Erziehungsamt und die alle zwei Jahre einzuberufende
Mitgliederversammlung geleistet. Geschäftsführender Direktor des EREV
wurde Pastor Hermann Beutel (1921-1932), der bisherige Leiter des
Kirchlichen Erziehungsverbandes für die Provinz Brandenburg. Entsprechend
seiner Satzung sollte der Verband öffentliche Tagungen einberufen,
Informationen über die evangelische Erziehungsarbeit herausgeben,
Auskünfte in Rechtsfragen erteilen, die Aus- und Weiterbildung der
Mitarbeiterschaft sowie die Vertretung vor Behörden übernehmen. Nach
seiner Gründung warb der Verband gezielt bei den Provinzial- bzw.
Provinzialerziehungsverbänden der Inneren Mission und auch bei
Einrichtungen und Verbänden, die an der evangelischen Erziehungsarbeit
beteiligt waren, für die Mitgliedschaft im EREV (3).
1922 wurde Frau Dr. jur. Marie Petersen-Enge als Referentin
angestellt. Für die Bewältigung der Arbeitsschwerpunkte des Verbandes
wurden Ausschüsse ins Leben gerufen, so 1922 der Ausschuß für Unterricht
und Erziehung und 1925 die Ausschüsse für geschlossene sowie für offene
und halboffene Fürsorge, letztere mit geringerer Bedeutung. Entsprechend
dem Reichsjugendwohlfahrtsgesetz konnten die freien Träger Mitglieder in
die Jugendamtsausschüsse entsenden. Bildete anfangs das Schulwesen einen
gewissen Schwerpunkt, so wurde doch bereits Mitte der 1920er Jahre eine
Verlagerung hin zur Heimerziehung deutlich. Die Heime hatten eine
besondere Unterstützung nötig, wurde doch die Heimerziehung in der
Öffentlichkeit zunehmend scharf kritisiert, des weiteren hatten die Heime
große wirtschaftliche und personelle Probleme. Beraten wurde u.a. über
das Reichsjugendwohlfahrtsgesetz, die religiöse Erziehung in Heimen sowie
die pädagogische Situation in den Häusern.
Der
„Rettungshausbote“ – die 1880 vom Rettungshausvater Lichtwark in Lübeck
gegründete und herausgegebene Zeitschrift – wurde zur „Evangelischen
Jugendhilfe“ umgestaltet. In dem neuen Verbandsorgan – herausgegeben von
Pastor Beutel – wurde neben der traditionellen Heimarbeit insbesondere
der Arbeit der offenen Jugendfürsorge bei den Erziehungsverbänden
Aufmerksamkeit geschenkt. Daneben erhielten pädagogische und
gesellschaftliche Abhandlungen sowie die Dokumentation von Tagungen einen
festen Platz (4).
Nach dem Ausscheiden von Hermann
Beutel aus dem Central-Ausschuß für Innere Mission (CA) aufgrund des
Devaheim-Zusammenbruchs wurde 1932 Pastor Alfred Fritz nebenamtlicher
Direktor des EREV; die Arbeit wurde nun weitestgehend von der 1927
angestellten Referentin, Frau Dr. jur. Ina Hundinger, gestaltet. Nach der
nationalsozialistischen Machtergreifung blieb im sich entwickelnden
totalitären Staat mit der aufstrebenden NS-Volkswohlfahrt für die freie
konfessionelle Arbeit immer weniger Raum. Alle im CA und im Verband
gehegten Hoffnungen auf eine gute Kooperation mit den neuen Machthabern
wurden bald enttäuscht. Gegen die Widerstände in den eigenen Reihen nahm
der Verband eine differenzierte Position zur Frage der Rassenhygiene ein
und riet auch vom Eintritt in nationalsozialistische Organisationen ab.
Dennoch ist nicht zu leugnen, daß das nationalsozialistische Gedankengut
Auswirkungen auf die Verbandsarbeit und -publizistik hatte (Hildesheimer
Tagung 1934 und Veröffentlichungen in der „Evangelischen Jugendhilfe“)
(5).
Ab 1935 verschärfte sich die Situation. Es
kam zum Reichszusammenschluß für öffentliche und freie Wohlfahrtspflege
in der Jugendhilfe, in der eine sachliche Zusammenarbeit zwischen
Caritas, Innerer Mission und NSV stattfinden sollte. Weitere Bereiche der
Jugendhilfe gingen an die NSV über. Auch die Jugendamtsarbeit kam zum
Erliegen. Die Vermittlung von Pflegekindern wurde durch den Jugendschutz
monopolisiert. Mit Kriegsbeginn erschwerten zunehmender Erzieher- und
Lehrermangel sowie die Direktive zur Aufhebung der Heimerziehung bzw. die
Versuche zur Übernahme der Heime durch die NSV die Verbandsarbeit. 1941
mußte die „Evangelische Jugendhilfe“ ihr Erscheinen einstellen (6). Mit
fortschreitendem Krieg ließen die Übergriffe auf Heime nach. Reise- und
Kommunikationsmöglichkeiten wurden jedoch zunehmend schwieriger, so daß
sich gegen Ende des Krieges die Arbeit des EREV darauf reduzierte,
persönliche Kontakte zu einigen Heimen und Einrichtungen
aufrechtzuerhalten. Die Ausschußmitglieder konnten sich der
Verbandsarbeit kaum mehr widmen (7).
Reorganisation des Verbandes nach Kriegsende
Requirierungsbestrebungen des Reiches auf dem Heimsektor konnten in
den letzten Kriegsjahren gemeinsam mit dem AFET verhindert werden. Die
Heime waren jedoch durch Kriegsschäden stark in Mitleidenschaft gezogen,
die Heime aus den Ostgebieten umgesiedelt oder aufgelöst. Pastor Fritz
versuchte daher nach Kriegsende, durch Rundschreiben mit den
Einrichtungen in Verbindung zu bleiben und sich durch die Reiseberichte
von Schwester Margarete Brauneis, die verschiedene Einrichtungen in den
einzelnen Besatzungszonen besuchte, ein Bild der Lage zu verschaffen. Er
veranlaßte eine Namensänderung des Verbandes: „Konferenz für
evangelisch-kirchliche Heimerziehung“ – eine formelle Eintragung ist
jedoch nicht bekannt, es erfolgte auch keine Satzungsänderung.
Die Not der Einrichtungen sowie der Kinder- und
Jugendlichen machte eine Wiederaufnahme der Arbeit zwingend, insbesondere
auf Landes- und Provinzialverbandsebene. Die Arbeit in den Westzonen
konnte allerdings nicht vom Geschäftsführer aus dem Osten geleistet
werden, da hier ein erneuter Monopolanspruch der neuen Machthaber auf die
Erziehung der Jugend bestand. Die Heimerziehung wurde den Verwaltungen
der Volksbildung unterstellt, Errichtung oder Wiederaufnahme der Arbeit
von evangelischen Ausbildungsstätten verhindert. Die sowjetische
Militärregierung war bestrebt, die evangelische Erziehungsarbeit ganz
zurückzudrängen. Es kam zu keiner Wiederaufnahme der Gremienarbeit des
EREV im Osten.
Eine Geschäftsstelle West beim
CA/West in Bethel wurde eingerichtet und Pastor Hans-Georg Isermeyer
Geschäftsführer (8). 1950 begann die kontinuierliche Verbandsarbeit im
Westen; Pastor Lic. Janssen übernahm die Geschäftsführung, D. Otto Ohl
wurde Vorsitzender. (Als Lic. Janssen eine Professur in Münster erhielt,
zog die Geschäftsstelle des EREV mit um.) Der Verband stellte sich
zunächst ganz in den Dienst der Heimerziehung, Fortbildungen und
publizistische Tätigkeiten wurden aufgenommen. Ab Juli 1950 erschien die
„Evangelische Jugendhilfe“, vorerst als Beilage zur Zeitschrift „Die
Innere Mission“. Pädagogische und rechtliche Hilfestellungen waren die
bestimmenden Themen, insbesondere auch auf den Jahrestagungen. 1954 kam
Frau Dr. Olga Glaue zum Verband und übernahm die Geschäftsführung. Sie
beschrieb die Aus- und Fortbildung der Mitarbeiter als vorrangiges Ziel
der Verbandsarbeit.
In den Jahren 1955/56 wurde
die Satzung reformiert (9). Das Erziehungsamt wurde als Verbandsorgan
aufgelöst, so daß nun Vorstand, Mitgliederversammlung und nach Bedarf zu
bildende Ausschüsse die Organe des Verbandes bildeten. An der
Verbandsspitze standen der Vorsitzende, ein Stellvertreter sowie der
geschäftsführende Direktor. Pastor Fritz behielt formal seine
Direktorenfunktion; Berlin war neben Münster weiter als Sitz des
Verbandes eingetragen. Die neue Satzung wurde auf der Jahresarbeitstagung
am 24.9.1956 von der Mitgliederversammlung beschlossen. Des weiteren
wurde die Ausschussarbeit gestrafft: offene und geschlossene Jugendhilfe
wurden zusammengefasst. Die verbandsinterne „Evangelische Jugendhilfe“
machte einer neuen Zeitschrift – der „Sozialpädagogik“ – Platz, die eine
größere Wirkung in der Öffentlichkeit ermöglichen sollte. Auch der
Fernschulungsbrief wurde in einen umfassenderen „Fortbildungsbrief“
umgewandelt. Mit der Umsiedlung des EREV nach Hannover 1962 wurde Frau
Ilse Varkevisser Geschäftsführerin und Prof. Janssen 1. Vorsitzender. Ein
besonderes Ereignis war die Arbeitstagung 1966 in Celle. Die
Zusammenarbeit zwischen staatlichen und freien Trägern, die
Ausbildungsfrage und die Aufsicht über die freien Träger wurden
thematisiert. Beraten wurde auch die Frage des evangelischen Charakters
in der Heimerziehung.
Die dem pädagogischen
Aufbruch vorangegangenen Studentenunruhen 1968 griffen unerwartet in die
Heimerziehung ein. Schlagworte wie antiautoritäre Erziehung überrollten
den Verband, der sich doch nach eigenem Verständnis immer für eine
fortschrittliche Pädagogik und die Verbesserung der äußeren Verhältnisse
eingesetzt hatte. Die Denkschrift zum 50jährigen EREV-Jubiläum „Zur Lage
der Heimerziehung“ richtete sich in besonderem Maße an die
Öffentlichkeit, an staatliche und kirchliche Stellen. Neben der
pädagogischen Diskussion und den Angriffen aus der Öffentlichkeit mußte
der Verband nun maßgeblichen Einfluß auf die Verbesserung der Standards
seiner Mitgliedereinrichtungen nehmen. Durch die „Heimaktionen“
aufgerüttelt, wurden mit Hilfe staatlicher Zuschüsse bauliche
Renovierungen sowie ein veränderter Personalschlüssel möglich (10). 1973
erfolgte eine weitere Satzungsreform (11). Der Verband wurde umbenannt in
„Evangelischer Erziehungsverband – Bundesverband evangelischer
Einrichtungen e.V“; die Abkürzung „EREV“ wurde weiter beibehalten.
Konzeptionelle Umbrüche brachten erst die 1980er Jahre.
Die klassische Form der Heimerziehung hatte gegenüber anderen
Jugendhilfeangeboten an Bedeutung verloren. Mit der Satzungsänderung von
1987 passte der Verband seine Struktur den neuen Gegebenheiten an (12).
Die Ausschussarbeit wurde intensiviert. Neben die traditionellen
Ausschüsse wie Hauptfachausschuß, pädagogischer und theologischer
Fachausschuss traten ad-hoc-Gremien, die zu aktuellen Themenstellungen
arbeiten. Fachtagungen zu pädagogischen Fragen wurden abgehalten (u.a.
„Betreutes Wohnen“) und der Jugendhilfe-politische Fachausschuss
gebildet. Eine besondere Herausforderung für den Verband war die
Auseinandersetzung mit dem neuen Kinder- und Jugendhilfegesetz (13).
Lothar Borowski wurde 1. Vorsitzender (1987-1993), ihm zur Seite
arbeiteten zwei Stellvertreter. Der inhaltlich über seine Bestimmung
hinausgewachsene Fortbildungsbrief wurde zur „Schriftenreihe“ des EREV
umgestaltet und behandelte insbesondere praxisrelevante Themen. Das
Info“, das inzwischen den Charakter einer Fachzeitschrift gewonnen hatte,
wurde 1990 wieder in „Evangelische Jugendhilfe“ umbenannt und über die
Verbandsgrenzen hinaus bekannt gemacht.
1989 wurde
nochmals die Satzung revidiert; eine neue Geschäftsordnung, eine Ordnung
für die Besetzung des Fachbeirates sowie für die Ausschussarbeit wurden
erarbeitet. Nach der Grenzöffnung und dem Beitritt der neuen Bundesländer
sowie dem neuen Jugendhilferecht wurde die Umgestaltung der Jugendhilfe
eine Herausforderung (14). Bereits 1990 wurde ein Projekt für die neuen
Bundesländer zum Start in die freie Trägerschaft mit Unterstützung durch
das Bundesministerium für Jugend, Familie und Gesundheit in Angriff
genommen. Die inhaltliche Ausweitung der Jugendhilfe wurde notwendig;
sozialpädagogische Familienhilfe, soziale Gruppenarbeit u.a. neue
Arbeitsgebiete mußten durch Fachgruppen in die Verbandsarbeit eingebunden
werden.
Anmerkungen
1. §1 der Satzung des Evangelischen
Reichserziehungsverbandes vom 21.4.1920
2. vgl. W. Pfeiffer
in: Der Rettungshausbote, 1920, S. 5
3. 75 Jahre EREV
(Festschrift), 1925, S. 34f.
4. ebd., S. 39ff.
5.
ebd., S. 58
6. ebd., 68
7. Im Archiv des
Diakonischen Werkes der EKD befindet sich der Aktenbestand des EREV, der
die Tätigkeit der Jahre 1920 – 1955 dokumentiert.
8. vgl. ADW,
EEV 100, 1. Nachkriegstagung des EREV in Bremen-Lesum, 24.2.1949
9. vgl. ADW, EEV und ADW, EEV 121
10. wie Anm. 3, S.
91ff., vgl. auch ADW, EEV 10
11. vgl. ADW, EEV 6
12. vgl. ADW, EEV 7 und ADW, EEV 8
13. vgl. ADW, EEV 292
(KJHG)
14. vgl. ADW, EEV 99
- Reference number of holding
-
EREV
- Context
-
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- Date of creation of holding
-
1919-1957
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22.04.2025, 11:01 AM CEST
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- 1919-1957