Archivale
Geldforderungen und Pachtschulden
Enthält: Max Reuter aus Bergerhausen verklagt seinen inzwischen entlassenen Pächter und Halbwinner des Angelsteiner Hofs in Lommersum, den Notar Johann Peter Schmitz, der sich weigerte, Aufwendungen für Bau- und Zehrungskosten sowie Fahrdienste zu zahlen. Der Beklagte weist die Forderungen Posten für Posten zurück und macht seinerseits eine Rechnung für die Unkosten auf. Er behauptet zudem, Reuter wolle ihn aus dem Hof vertreiben, um selbst dort einziehen zu können. Im Hintergrund des Streits steht jedoch die Auslegung der entsprechenden Bestimmungen im Pachtvertrag. Im einzelnen geht es 1) um Fahrtkosten von 96 Rtlr, die Reuter für Fahrten nach Lommersum haben möchte, die er unternommen hatte, um den dortigen Bau zu kontrollieren und "zu beschleunigen" - Schmitz bestreitet diese Fahrten, zumal er selbst immer nur auf Geheiß des Herrn gefahren sei. 2) Zum zweiten soll Schmitz für Kost und Trank der Zimmerleute, die gleichzeitig an der Scheune und dem Backhaus bei Reuters Anwesen in Bergerhausen arbeiteten, mit 16 Rtlr aufkommen. - Schmitz hält dagegen, dass der Halbwinner nur die Bauleute am eigenen Haus und Hof, aber nicht "ausländisch" verköstigen müsse und dafür dann das, was an Holz abfalle, behalten dürfe. Reuter habe jedoch auch darauf Anspruch erhoben. Im 3). und 4) Punkt geht es um die Beschäftigung und Unterhaltung von "Opperknechten" [= Handwerksgehilfen, Tagelöhnern] und dem "Decker" [Leyendecker] - Schmitz lehnt auch dafür jegliche Verpflichtung ab. 5) soll er 7 Rtlr für Bier bezahlen, das der Herr den Handwerksleuten spendierte ("die ganze Nacht zum besten geben") und das er in Fässern bei Herrn Giersberg habe holen müssen. 6). und 7). verrechnete Reuter Materialien (nämlich Weiden und zwei Apfelbäume), die der Halfe angeblich herzugeben sich gesträubt hatte. Die folgenden 3 Punkte (8-10) enthalten wiederum Zehrungskosten für den Herrn, einen Fuhrknecht und den Zimmermann. Zum 11). (Schmitz dazu: "muss ich mich am meisten verwundern, alßo daß man sich entstehet [= unterstehet], solches zu Papier zu setzen") verlangt Reuter 4 Rtlr für "Victualien" an Schinken, gebratenem "Schraut" und Kalbsbrät (wozu Schmitz noch Schwarz- und Weißbrot und das übrige hatte heranschaffen müssen), die er als Proviant mitgebracht hatte, als er mit Frau und Tochter und dem Herrn Wissdorff den Bau besichtigte. Schließlich soll Schmitz 12). auch die Bauinspektoren und die dafür nötigen Fahrtkosten bezahlen. Schmitz meint dazu, Reuter hätte es ja auch sein lassen können, sie zu schicken. Darüber hinaus fordert er jetzt einen Nachlass auf seine Pachtschulden von 7 Maltern Roggen. Er argumentiert, dass dies auch anderen Pächtern ("benachbarten Halbwinnern") zugestanden worden wäre. Wenn nach Abzug dieses Nachlasses von der Forderung noch etwas übrig bleibe, wolle er diesen Rest "una cum interesse" abstatten. Er nimmt für sich außerdem in Anspruch ("kombt mit zugutten") einen halben Morgen Busch, in dem er laut Pachtbrief jährlich Zaunholz abhauen durfte und sollte, den Herr Reuter aber seit einigen Jahren beschlagnahmt ("in Verbott gelagt") hatte. Zur Unterstützung seines Standpunkts reicht Schmitz ein Blatt mit Abschriften aus maßgeblichen Dokumenten als Beilage ein: Es enthält u. a. Auszüge aus einem Brief Reuters vom 23.1, in dem er seinen Halfen mit Worten wie: "scher dich zum teuffel mit deinem pack hin, ich will durchauß dich nit mehr haben", beschimpft hatte, sodann ein Attest der Schöffen von Lommersum, Anton Bodenheim und Philipp Derkum, vom 29.3., dass sie den Hof besichtigt haben und dem Halbwinner bescheinigen, dass nach Fertigstellung der Bauten keine weiteren Baumaßnahmen "vonnöthen" seien und Schmitz genug dafür aufgewendet habe. Wir finden hier auch die Gegenrechnung der Forderungen an Fahrt- und Zehrungskosten, die Johann Peter Schmitz nun an Herrn Reuter stellt, außerdem verschiedenen Quittungen für Pachtlieferungen durch den Halbwinner. Im Verlauf des Verfahrens erhebt Reuter auch den Vorwurf gegen seinen Halfen, dieser habe - wann, geht aus den Unterlagen nicht hervor - die Pachtfrüchte, statt sie ordnungsgemäß abzuliefern, "entführen" wollen. Es findet dazu auch ein Zeugenverhör mit den Zeugen Christian Bergerhausen, Peter und Caspar Schrantz, Mattheis Gi(e)rsberg und Heinrich Jungerman statt. (Protokoll des Gerichtsschreibers Woestenrath). Sie alle wollen von Johann Peter Schmitz gehört haben, dass er die Pacht sammeln und dann "auf einmal" wegführen wollte. Dabei hatte er die Fuhr dann offensichtlich in (oder über?) die Herrschaft Groß-Büllesheim transportiert, wie er selbst dem dortigen Vogt Bertram bekannt haben soll. (Die Entwendung ist allerdings Reuters Interpretation davon). Am 31.7.1724 bietet Johann Peter Schmitz die Zahlung des Rückstands an (Zeugen: Johannes Dapper und Johannes Schmitz). Reuter nimmt nach kurzem Zögern an. Schmitz soll das Korn wie vereinbart nach Köln abliefern. Auch die Pacht des laufenden Jahres solle er mitbringen, sich bei Herrn Wistorff und Reuters Sohn anmelden, die ihm einen Ort oder Haus zur Ablieferung zuweisen werden. Am 11.8. quittiert die Witwe Jacob Lugiois den Erhalt von 7 1/2 Maltern Roggen (als "Adjunctum Nr.1" gekennzeichnete Abschrift zweier notariell beglaubigter Dokumente; Notare: Johann H. Keidt und N. L. Coomans). Doch in der Zwischenzeit erhielt Schmitz einen Rezess des Lommersumer Gerichts, der ihm (wohl in Unkenntnis des Vergleichs vom 31.7. und der Ablieferung) sowohl die Zahlung der geforderten Kosten und Leistungen an seinen Pachtherrn als auch die uneingeschränkte Begleichung der Pachtschuld auferlegte. Noch dazu wurde bis zur Abtragung dessen (und das zur kostbaren Erntezeit, wie Schmitz bemerkt!) sein bestes Pferd gepfändet und sollte bis nach der Ernte im Pfandstall bleiben. Johann Peter Schmitz erklärt den Schultheißen Schreiber daher für befangen und appelliert an den Reichsgrafen von Schaesberg. Der Ausgang ist nicht bekannt. [Bekannt ist aber, dass 1725 Christian Bergerhausen Halfe des Angelsteiner Hofs ist, s. Nr. 712.]
- Reference number
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GerKer, 714
- Extent
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Schriftstücke: 8
- Context
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Schöffengericht Kerpen >> 7 Prozesse anderer Gerichte >> 7.1 Gericht Lommersum
- Holding
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GerKer Schöffengericht Kerpen
- Indexbegriff subject
-
Appellation
Baukosten
Fahrtkosten
Handwerker
Notare
Opperknechten" [= Handwerksgehilfen, Tagelöhnern
Pachtschulden
Pfändung
Victualien = Nahrungsmittel, Verpflegung
Zehrungskosten
- Indexentry person
-
Bergerhausen, Christian, Zeuge 1724
Coomans, N.L., Notar
Dapper - Johannes, Zeuge 1724
Gierberg - Bierhändler
Girsberg, Mattheis, Zeuge 1724
Jungerman, Henrich, Zeuge 1724
Keidt, Johann Heinrich, Notar
Lugiois, Witwe des Jacob L.
Reuter, Max, aus Bergerhausen
Schaesberg, Reichsgraf von
Schmitz - Johannes, Zeuge 1724
Schmitz - Johann Peter, Halbwinner des Angelsteiner des Hofs in Lommersum
Schrantz, Peter und Caspar, Zeugen 1724
Schreiber, Schultheiß 1724
Wistorff, in Köln
Woestenrath, J.A.
- Indexentry place
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Lommersum - Angelsteiner Hof
Lommersum, Gericht
- Date of creation
-
1724
- Other object pages
- Delivered via
- Last update
-
05.11.2025, 4:03 PM CET
Data provider
Stadtarchiv Kerpen. If you have any questions about the object, please contact the data provider.
Object type
- Archivale
Time of origin
- 1724