Archivale

Auseinandersetzungen der Nachkommen Michael Hamechers um Schulden des Erblassers

Enthält: Von den Kindern Michael Hamechers lebten nach dessen Tod [um 1686] aus der ersten Ehe mit Catharina Wihrts (geschlossen 1655) noch drei und aus der zweiten Ehe mit Anna Gulichs (1667) noch sechs. Davon streiten sich bereits 1686/87 Johann Wolters und Johann Kleefisch für ihre Ehefrauen N. und Margaretha Hamecher und deren Geschwister auf der einen und Peter Wihrt(s) für seine Frau, die Witwe Anna Gulichs, und die minderjährigen Kinder aus der zweiten Ehe auf der anderen Seite um das Erbe. Bei dem jetzigen Stand der Dinge fürchten die Witwe und ihre Kinder, dass wegen der vielen Lasten und Schulden Hamechers von den gereiten Gütern nichts für sie übrig bleiben würde, sie betonen aber, dass sie dem Heiratsvertrag entsprechend wenigstens an den ungereiten Güter beteiligt werden sollten. Sie fordern, wenn nicht die gleiche Sukzession (d. h. Erbfolge), dann zumindest den gesetzlichen Erbteil auch an den beweglichen Gütern (Bl. 5). Der Prozessabschnitt, der hier überliefert ist, beginnt am 17.2.1688 mit einem Interlokut [= Beiurteil] der Hofkanzlei in Bonn vom 5.2. Vorausgegangen war ein Dekret des Kerpener Gericht am 16.7.1687 [das, soweit ersichtlich, nicht überliefert ist], auf das hin Johann Wolters Gegenklage gegen Peter Wihrts erhoben hatte (Bl. 2v-3). Dem kurfürstlichen Befehl nach soll Peter Wihrts nun Kuratoren für die minderjährigen Kinder benennen, die drei Wochen Zeit erhalten, sich in die Akten einzuarbeiten und eine Stellungnahme abzugeben. Johann Wolter soll sich als Prozessvertreter besser qualifizieren, d. h. seine Position und Argumentation präzisieren. Dann soll weiter darüber verhandelt oder ein Urteil gefällt und die Akten an die Hofkanzlei gesandt werden. Peter Wihrts [der jetzige Ehemann der Witwe Anna Gulichs] benennt daraufhin die Schöffen Hans Henrich Schieffer und Werner Sieger als Bevollmächtigte und Vormünder der Kinder 2. Ehe (Bl. 3v). Am 4.5. treten seitens Johann Wolters auch Johann Kleefisch und seine Frau Margaretha Hamecher dem Verfahren bei (Bl. 8v-10). Am 1.6. legen die Beklagten die geforderte Erklärung ihrer Position vor. Sie bestreiten das Anrecht auf einen Erbanteil der Nachkommen 2. Ehe auf die Immobilien, da es sich um Stock- (d. h. um schon vom Vater ererbten) Güter oder um in erster Ehe erworbenes Heiratsgut handele, das er seiner zweiten Frau gar nicht habe vererben können, so dass sie nicht mehr als ihre Leibzucht besessen habe. Den zweiten Streitpunkt, die Baukosten für Scheue und Stall, die im Krieg abgebrannt waren, sollten sie nicht bei ihnen, sondern bei der Gemeinde oder sonst wo suchen. Sie protestieren gegen die Wegnahme bzw. Ausbrechung der Mobilien: eine Braubütte, ein steinerner Sarg [gemeint ist wohl eine Art Trog oder Truhe], den Stubenofen samt Feuerhaken, welche die Kläger eigenmächtig vorgenommen hatten, ebenso wie gegen den Anspruch auf 1/8 Teil am elterlichen Haus und fünf Holzgewalten (S. 11-14v). Zur Bekräftigung legen sie ein Votum eines unparteiischen Rechtsgelehrten vor (14v-16). Die Gegenseite antwortet am 15.6. zunächst auf die Frage der Holzgewalten, die sie schon versetzt hatten, die die Beklagten aber entgegen dem Dekret von 1687 immer noch nutzten (16-17). Ihrer Ansicht nach fordern Wolters und die Seinen der Gebühr nach nur zwei Holzgewalten und drei Viertel Land sowie eine Heiratssteuer und einen gleichen Anteil an dem (o.g.) Hausrat. Das Land habe Johann Wolter schon versetzt erworben - er oder die Erben der ursprünglichen Besitzer müssten es also auslösen. Es sei daher kein Teil der Erbschaft. Sie, die Nachkommen zweiter Ehe, seien auch nicht verpflichtet, die Vorkinder, die alle zu Lebzeiten des Vaters noch nicht verheiratet waren, auszusteuern. Die Braubütte sei in der zweiten Ehe gefertigt, der steinerne Sarg ebenfalls erst dann gekauft worden und nicht, wie Wolters und Kons. behaupten, eingemauert gewesen. Ofen und Feuerhaken gestehen sie ihnen als Gereite zu. Hinzu kommt jetzt noch eine Forderung aus einer Obligation von 1657 über 400 Tlr beim Kloster St. Nikolaus im Burghof in Köln, von dem 1667 100 Tlr abgezahlt wurden (Beilage Bl. 22v). Für den Neubau von Scheune und Stall fordern sie ihrerseits die Baukosten wegen der Wertverbesserung des Anwesens. Den achten Teil des Hauses ebenso wie die Holzgewalten hätten die Söhne Michael Hamechers aus der 1. Ehe, Gustav und Casimir, 1680 ihrem Vater schuldenhalber abgetreten und daher keinen Anspruch mehr darauf. Schließlich behaupten sie, dass der Vater während der 2. Ehe dem 3. Sohn, P. Hubertus, das Studium und den Klostereintritt finanziert habe, seine Geschwister also ihnen die aufgewendeten Kosten ersetzen müssten. Die Beklagten widersprechen am 6.7.1688 in allen Punkten. Zum Beleg, dass der Sarg eingemauert gewesen sei, legen sie eine Bescheinigung des Maurermeisters Peter Graetz vor, dass er auf Geheiß Peter Wihrts den Sarg ausgebrochen und das Loch wieder zugemauert habe (N. 15, Bl. 27). Und zur Unterstützung ihres Anspruchs auf die Holzgewalten fügen sie ein Attest des Försters Dietrich Voiß an (N. 16, Bl. 27v), der bezeugt, einen Befehl des Schultheißen zur Auslieferung des (bereits mit Arrest belegten) Holzes an die Erben 1. Ehe erhalten zu haben, aber Peter Wihrts davon bereits Einiges herausgenommen und abtransportiert habe. Die Kläger bitten um einen neuen Termin in einer Woche zur Reaktion darauf. Dabei übergeben sie nochmals eine schriftliche Beharrung auf allen ihren Argumenten und bitten, die Akten nun zusammenzustellen und an einen Dritten zur Entscheidung zu schicken, was die Gegenseite ablehnt. Dich auch das Gericht ist für den Abschluss des Verfahrens und beschließt zur Übersendung der Akten an die Bonner Hofkanzlei die Inrotulation und Kollation. Nach einer Einfügung eines Schriftwechsels der Kinder 1. Ehe mit dem Amtmann Johann Dietrich von der Vorst zu dem umstrittenen Arrest auf die Holzgewalten und die ebenso umstrittene Verletzung durch Peter Wihrts werden die Akten dem Gerichtsschreiber zur Zusammenstellung übergeben. Nach Fertigstellung werden die Parteien am 27.7. auf den folgenden Gerichtstag geladen, um der Kollationierung und Siegelung des Rotulus beizuwohnen und die fälligen Sporteln und sonstigen Gebühren zu entrichten. Die Siegelung erfolgt wie beschlossen, obwohl Johann Wolters sich entschuldigen ließ und auch nach nochmaliger Aufforderung durch das Gericht nicht persönlich zu erscheinen bereit ist und wegen der Gebührenzahlung um Aufschub bittet, bis er nach der Ernte wieder über Geld verfüge. Er habe seinem Schwager in Blatzheim so viel Geld ausgelegt, dass er keine weiteren Auslagen tätigen könne, und es derzeit ohnehin schwer sei, an Geld zu kommen. Eine Weiterführung des Prozessen in der nächsten Instanz wurde zunächst durch den Krieg verhindert. Aber schon 1691 bitten Peter Wihrts und Anna Gulichs den Anwalt Hodiamont zu Eupen, ihnen gegen ein entsprechendes Honorar vor Gericht zu einem für sie günstigen Urteil zu verhelfen. [1694 wird dann weiter verhandelt.]

Reference number
GerKer, 970
Extent
Schriftstücke: 1 Heft (38 Bl.), 1 Bl.

Context
Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
Holding
GerKer Schöffengericht Kerpen

Indexentry person
Graetz, Peter, Maurermeister
Gulichs, Anna
Hammecher - Familie
Hammecher - Michael
Hodiamont, Anwalt
Kleefisch, Johann
Schieffer, Hans Henrich
Sieger, Werner
Vorst, von der - Johann Dietrich, Amtmann
Wihrts, Catharina
Wolter, Johann
Indexentry place
Köln - Kloster St. Nikolaus im Burghof

Date of creation
1688, 1691

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Last update
05.11.2025, 4:26 PM CET

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Object type

  • Archivale

Time of origin

  • 1688, 1691

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