Archivale
Erbstreit
Enthält: Die Erben von Johann Aussem streiten um Grundstücke, Pacht- und Hypothekenschulden. Michael Aussem, der Sohn aus der ersten Ehe, erhebt Anspruch auf 7 1/2 Viertel Ackerland, die aus dem Heiratsgut ("gereite Güter") seines Vaters stammten und einst mit einer Hypothek belastet waren, die Johann während seiner zweiten Ehe weitgehend eingelöst hatte. Er behauptet, Simon, der Schwiegersohn aus der zweiten Ehe, habe sich das Land zu Unrecht angeeignet (also ein "Spolium" begangen). Außerdem geht es um 3 Viertel Land, die der Vater, nachdem er zum zweiten Mal Witwer geworden war, von Gabriel Wolff in Pfandschaft genommen hatte (d. h. Wolff hatte sie ihm gegen einen Kredit versetzt) sowie um Haus und Hof, die der Vater sich zur Leibzucht vorbehalten hatte, die indes Tochter und Schwiegersohn eine Zeitlang bewohnt hatten, und um ein Stück Garten, das Simon vom Schwiegervater in Pacht genommen hatte. Ausgangspunkt für den Streit ist, dass der Vater ein halbes Jahr vor seinem Tod, als er noch bei guter Gesundheit war, vor dem Gerichtsboten Johann Adam Graetz testamentarisch [aber anscheinend mündlich] über seinen Besitz verfügte und die umstrittenen Grundstücke samt den Pfandrechten und die Hofstatt seinem Sohn als Entschädigung für die Versorgung im Alter vermachte. Er bat den Gerichtsboten, Sohn und Tochter zur geschwisterlichen Erbteilung in gleiche Teile unter Berücksichtigung der Entlohnung Michaels zu veranlassen, wenn nicht gütlich, dann vor Gericht. Angeblich bestätigte er diese Regelungen drei Tage vor seinem Tod im Beisein des Pastors und einiger Zeugen. Anscheinend gleich zu Beginn des Rechtstreits, als offenbar nur eine Gegenklage von Michael Aussem vorliegt, wird ein Rechtsgutachter herangezogen, der zunächst einmal eine zusammenfassende Klagschrift von Seiten Simon Axers fordert und Michael Aussem auffordert, seine Ansprüche näher zu erläutern ("docieren"). Er hält dafür, dass angesichts der Blutsverwandtschaft und, weil der "Ruin" einer der beiden streitenden Parteien zu befürchten sei ("ob probabilem partium litigantium ruinam"), eine gütliche Einigung zu suchen sei. Wenn es aber nicht zu einem Vergleich kommen könne, solle der unparteiische Richter entscheiden. Aussem und Axer ziehen offenbar den gerichtlichen Weg vor. Obwohl Michael Aussem in seiner Duplik ein Attest des Gerichtsboten über seine Unterredung mit Johann Aussem beibringt, bestreitet Simon Axer die Erbschaft. Er beruft sich auf das jülich-bergische Erbrecht, wonach die gereiten Güter wie die inzwischen gewonnenen seinem Vater mit dem zweiten Witwenstand gänzlich gehörten und die Tochter aus der zweiten Ehe, Simons Ehefrau, als "Mobiliar-Erbin" nicht einfach übergangen werden dürfe. Er führt dazu ein Sprichwort an: "Wer selig will sterben, der lasse das Gut den rechten Erben". Michael Aussem soll daher erst einmal die formale Richtigkeit der Erbübertragung beweisen. Simon Axer macht seinerseits geltend, dass er für die 7 1/2 Viertel Land noch Pensionen und von dem Gartengrundstück sowohl Schulden als auch einen Pachtbetrag zahlen müsse. Dem Gegenpart nimmt er übel, dass er ihn und seine Frau bereits nach drei Monaten aus dem Haus des Vaters vertrieben hatte, um es selbst in Besitz zu nehmen. Er verlangt schließlich mindestens Entschädigung für die geleisteten Zinsrückzahlungen und den uneingeschränkten Besitz der 3 Viertel Land. Das Gericht soll ihn darüber hinaus von der Gartenpacht ("Heuer") und der Hälfte der Unterhaltskosten "absolvieren".
- Reference number
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GerKer, 705
- Extent
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Schriftstücke: 5
- Context
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Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
- Holding
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GerKer Schöffengericht Kerpen
- Indexbegriff subject
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Erbstreit
geraidte Güter
Hypothekenschulden
Pachtschulden
Spolium = Raub; widerrechtliche Anneignung v.a. von Land
- Indexentry person
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Aussem - Michael
Aussem
Axer, Simon
Graetz, Johann Adam, Gerichtsbote
Wolff, Gabriel
- Date of creation
-
1715
- Other object pages
- Delivered via
- Last update
-
05.11.2025, 3:48 PM CET
Data provider
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Object type
- Archivale
Time of origin
- 1715