Archivale
Besitzstreit mit Zwangsversteigerung;Verfahrensklage und Streit um die Stellung einer Kaution
Enthält: Ausgangspunkt für das Gerichtsverfahren ist eine Forderung der Witwe Abels an die Schwiegereltern von Peter Klutsch. Als Entschädigung hatte sie dafür Besitz der damals noch minderjährigen Erben Klutsch gegen den Kurator der Kinder, Johann Esser, versteigern lassen. Am 22.2.1724 klagen die Erben, namentlich Peter Klutsch, auf Annullierung der Versteigerung wegen Verfahrensfehlern und fordern, dass die Witwe Abels das von ihr damals in Besitz genommene Gut räumen soll. Sie beklagen, dass die nötige Frist von Jahr und Tag vor der Besitzergreifung (Immission) und Versteigerung (Distraction) nicht eingehalten worden sei, dass kein Gebot (Licitation) vorausgegangen sei und dass die Frist zwischen Taxierung und Zuweisung durch das Gericht (Adjudication) zu kurz bemessen wurde; schließlich sei keine gerichtliche Beschlagnahmung (Abverbot) erfolgt und der Kurator nicht vereidigt gewesen, der außerdem noch vor Beendigung der Distraktion verstarb. Witwe Abels weist am 7.3.1724 die Klage zurück. Das ersteigerte Gut ("praedium") hatte sie außerdem bereits "bona fide" verkauft - und zwar, wie sich im Laufe des Verfahrens erschließt, an Anna Beckers und ihre Kinder, gegen die Klutsch daher ebenfalls eine (nicht näher ausgeführten) Nebenklage um Rückgabe des Guts führt. Die folgende Auseinandersetzung dreht sich vor allem darum, dass die Beklagte zunächst überhaupt die Einlassung auf die Klage (Litiscontestation) verweigert. Sie fordert als Voraussetzung dafür nach damaligen Rechts- und Prozessgrundsätzen eine Kaution des Gegners, da dieser nicht Eingesessener der Reichsgrafschaft Kerpen sei - Klutsch wohnte in der kurkölnischen Herrschaft Gymnich. Den Einwand der Gegenpartei, der letzte Reichsabschied von 1654 entbinde sie davor, lässt Witwe Abels nicht gelten: Die Herrschaft Kerpen habe damals noch unter spanisch-brabantischer Hoheit gestanden, der Reichsabschied sei daher auch jetzt nicht verpflichtend. Peter Klutsch indes will die Kaution nicht stellen. Er macht dafür Bedürftigkeit geltend, die er sich vom Offermann zu Gymnich, Peter Gysen, und dessen Schwiegersohn (N. N.) bescheinigen lässt. Frau Abels bestreitet die Glaubhaftigkeit des Bedürftigkeitsnachweises. Peter Klutsch besitze nämlich ihres Wissens nach nicht nur die angegebene Hälfte, sondern das ganze Haus samt Stallung, Garten und Zubehör. Ob Peters Bruder bedürftig wäre, müsse erst bewiesen werden und gehe sie nichts an, ebensowenig wie die Nebenklage gegen Anna Beckers. Da sich die Parteien bis Ende September noch nicht über die Kautionsfrage geeinigt haben, gehen die Akten am 3.10. zur Entscheidung an einen unparteiischen Richter. Sein Votum lautet, dass Peter Klutsch sowohl seine Klagpunkte zunächst besser darstellen und belegen ("ad causam qualificieren") soll, als auch seine Bedürftigkeit vor Gericht beeiden lassen soll, Der Beklagten bleibe vorbehalten, die Verhörfragen an die Zeugen (Interrogatoria) einzureichen. Dann könne das Gericht auch in den anderen Punkten entscheiden, "was rechtens". Am 17.4.1725 reicht Witwe Abels ihren Fragenkatalog ein und bittet die Zeugen zu laden. Sie sollen vor allem zum Vermögensstand Peter Klutschs befragt werden mit dem Ziel, nachzuweisen, dass er nicht unvermögend ist: "ob nicht öffters sich zugetragen, daß bawrsleuth, welche man für sehr armseehlig undt gahr gering gehalten, hernacher heimlich wohlhabens gefunden worden seyen?" Nach der Anhörung der Zeugen (die nicht überliefert ist) beantragt Klutsch die Anfertigung des Rotulus (o. D.).
- Reference number
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GerKer, 711
- Extent
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Schriftstücke: 10
- Context
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Schöffengericht Kerpen >> 1 Zivilsachen >> 1.2 Erb- und Besitzstreitigkeiten
- Holding
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GerKer Schöffengericht Kerpen
- Indexbegriff subject
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Abverbot = gerichtliche Beschlagnahmung
Besitzstreit
Interrogatoria = Verhörfragen an die Zeugen
Kaution
Klutsch, Peter und Erben
Litiscontestation = Einlassung auf die Klage
Nebenklage
Reichsabschied von 1654
- Indexentry person
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Abels, Witwe
Esser - Johann, Kurator der Kinder Klutsch
Gysen, Peter, Offermann in Gymnich
- Indexentry place
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Gymnich, kurkölnische Herrschaft
Kerpen - Brabantisch-spanische Herrschaft
- Date of creation
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1724
- Other object pages
- Delivered via
- Last update
-
05.11.2025, 4:02 PM CET
Data provider
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Object type
- Archivale
Time of origin
- 1724