Wir gratulieren! Die Servicestelle Digitalisierung des Landes Berlin digiS feiert 5 Jahre Förderprogramm

Wir gratulieren! Die Servicestelle Digitalisierung des Landes Berlin digiS feiert 5 Jahre Förderprogramm

01.12.2017

Von Astrid B. Müller (Kommunikation, Presse, Marketing Deutsche Digitale Bibliothek)

Die Servicestelle Digitalisierung des Landes Berlin, kurz digiS, ist eine Einrichtung zur spartenübergreifenden Beratung, Unterstützung und Koordinierung von Digitalisierungsprojekten in Berlin und wird – wie das gleichzeitig ins Leben gerufene Förderprogramm Digitalisierung Berlin – 5 Jahre alt. 2012 hat die Berliner Kulturverwaltung das Förderprogramm zur Digitalisierung von Kulturobjekten gegründet. Seitdem werden jährlich im Rahmen eines Wettbewerbs Fördergelder für Berliner Kultureinrichtungen zur Digitalisierung und Verfügbarmachung ihrer digitalen Bestände bereitgestellt. Zur gleichen Zeit wurde die Servicestelle Digitalisierung am Zuse-Institut Berlin (ZIB) eingerichtet, um eben jene geförderten Projekte zu koordinieren, zu beraten und mit technischer Expertise zu unterstützen. Das Ziel ist, so digiS, die Berliner Kultureinrichtungen zu „aktiven Gestaltern ihrer digitalen Praxis“ werden zu lassen.

Eine Aufgabe ist es, Kulturinstitutionen dabei zu helfen, ihre Daten für die Deutsche Digitale Bibliothek zur Verfügung zu stellen. Beispielsweise kooperieren die Berlinische Galerie, die Stiftung Stadtmuseum Berlin und der Lette Verein Berlin mit digiS und ist seit kurzem auch Datenpartner der Deutschen Digitalen Bibliothek.

Neben diesen konkreten und sichtbaren Ergebnissen geht es digiS aber auch um eine umfassende Unterstützung zum Thema Digitalisierung. So ist die Servicestelle beispielsweise dabei, gemeinsam mit dem Kooperativen Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg (KOBV) Dienste für die Langzeitverfügbarkeit der entstandenen Daten aufzubauen.

Wesentlich für die Arbeit von digiS ist es, den Berliner Kultureinrichtungen die Möglichkeiten der Digitalisierung zu verdeutlichen und auch für die Open-Access-Strategie des Landes Berlin zu sensibilisieren. Das heißt, auch innerhalb der Einrichtungen sollen der Wert von Digitalisierung und Verfügbarmachung der Daten erkannt und darüber hinaus neue Zielgruppen erschlossen werden. So gehört digiS gemeinsam mit der Deutschen Digitalen Bibliothek, der Open Knowledge Foundation Deutschland und Wikimedia Deutschland e.V. zu den Initiatoren des Kulturhackathons „Coding da Vinci“. Hier stellen Gedächtnisinstitutionen offene Daten für die Entwicklung neuer Anwendungen zur Verfügung und entdecken, welche Vorteile den Kulturinstitutionen aus der Öffnung und Verfügbarmachung ihrer Daten erwachsen können und welcher Nutzen aus einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit Entwickler/innen, Webdesigner/innen entstehen kann.

Wie notwendig und wichtig die Arbeit von digiS ist und vor welch großen Herausforderungen viele Gedächtnisinstitutionen mit der Digitalisierung ihrer Bestände stehen, zeigt der enorme Zuspruch den das Förderprogramm und die Servicestelle Digitalisierung seit ihrer Gründung vor fünf Jahren erfahren haben. Beide sind schon jetzt anerkannte Anlaufpunkte für Berliner Kultureinrichtungen – die große Zahl der Bewerbungen innerhalb des Förderwettbewerbes und die große Nachfrage unter anderem bei den Workshops und Veranstaltungen von digiS zeigt dies deutlich.
Wer mehr über die Arbeit von digiS und die erreichten Ergebnisse für das Land Berlin wissen möchte, dem sei der nachfolgende Beitrag von digiS aus unserer Publikation „Föderale Vielfalt – Globale Vernetzung“ empfohlen.

Uns bleibt an dieser Stelle den Kolleginnen und Kollegen der Servicestelle Digitalisierung ganz herzlich zu gratulieren! Wir wünschen uns weiter so aktive und erfolgreiche Partner und freuen uns auf eine spannende Jubiläumskonferenz am 1. Dezember 2017.
 

"Blumen im Spankorb" (1912), Maler: George Mosson, Berlinische Galerie - Zustiftung der Dr. Jörg Thiede-Stiftung, 2014 (CC 1.0 Universell - Public Domain Dedication)

Unsere Publikation „Föderale Vielfalt – Globale Vernetzung: Strategien der Bundesländer für das kulturelle Erbe in der digitalen Welt“ (erschienen im September 2016) liefert erstmals einen umfassenderen Überblick über die Aktivitäten zur Vermittlung und Vernetzung des kulturellen Erbes einzelner Bundesländer in Deutschland.

Sukzessive veröffentlichen wir die einzelnen Beiträge der Publikation in der Reihenfolge des Inhaltsverzeichnisses. Weiterhin können die Beiträge als PDF heruntergeladen und – da sie unter einer CC BY-ND 4.0 Creative Commons Lizenz stehen – nachgenutzt und weiterverwendet werden. Eine Auflistung aller bereits veröffentlichten Artikel findet sich bei den Hintergrundinformationen
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Was in der Zwischenzeit geschah – vier Jahre und 49 Digitalisierungsprojekte später: Förderprogramm Digitalisierung und Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS) 2012 bis 2016

Anja Müller und Beate Rusch für die Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten Berlin

1. Einleitung

Digitalisierung erleichtert den Zugang zum kulturellen Erbe, seinen Erhalt und seine Weiternutzung und leistet damit einen grundlegenden Beitrag zur Teilhabe an Kultur für breite Schichten der Bevölkerung. Die interessierte Öffentlichkeit, Künstler, (Kreativ-)Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung beginnen, das digitale Kulturerbe für sich zu entdecken und nutzen die Daten in neuen Kontexten. Damit das nachhaltig gelingen kann, ist eine langfristig ausgerichtete technische, rechtliche und organisatorisch unterstützende Infrastruktur die Voraussetzung. Um eine nachhaltige digitale Zukunft für das Berliner Kulturerbe zu schaffen, bedarf es vielfältiger Perspektiven, was den Umgang mit offenen Kulturdaten und mit digitalen Kompetenzen in den Kultureinrichtungen betrifft. Neben einem gesellschaftlichen und politischen Diskurs braucht man in den Kulturinstitutionen einen entsprechenden Arbeits- und Handlungsrahmen, um praktisch zu erleben, was mit offenen Kulturdaten möglich werden kann. Es bedarf konkreter Projekte, sodass Ideen erprobt, bewertet, verbessert und umgesetzt werden können.

1.1 digiS und das Förderprogramm Digitalisierung Berlin

Die Berliner Kulturverwaltung hat das Förderprogramm zur Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes 2012 ins Leben gerufen. Es startete mit einer zweijährigen Pilotphase. Seitdem werden die Fördergelder jährlich (unter Vorbehalt der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel) im Rahmen eines Wettbewerbes für Berliner Kultureinrichtungen ausgeschrieben. Parallel zu dieser dezentralen Projektförderung wurde digiS, die Servicestelle Digitalisierung, am Zuse-Institut Berlin (ZIB) eingerichtet. digiS hat den Auftrag, die geförderten Projekte zu vernetzen, zu beraten und mit technischer Expertise insbesondere im Bereich der Langzeitverfügbarmachung der Daten aus den Projekten zu unterstützen. Das ZIB als außeruniversitäres Forschungsinstitut für angewandte Mathematik und Informatik bietet hierfür mit seiner technischen Infrastruktur eine ausgezeichnete Basis.[1] digiS ist am Zuse-Institut eingebunden in die Abteilung „Wissenschaftliche Information“, in der auch der KOBV (Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg) beheimatet ist.
 
Das Förderprogramm basiert auf dem Digitalisierungskonzept des Landes, das 2010 im Auftrag des Berliner Senats am ZIB entwickelt wurde. Sehr schnell, bereits während der Konzepterstellung war deutlich geworden, dass das Thema Digitalisierung Kulturerbe-Einrichtungen vor große Herausforderungen stellt – im Hinblick auf technische, rechtliche und organisatorisch-strategische Fragen. Die Antwort war ein Förderprogramm, gekoppelt mit einer zentralen Koordinierungs- und Servicestelle (digiS), die an einer neutralen Einrichtung entstehen sollte, mit dem Ziel, ein Partnernetzwerk zwischen den Teilnehmern des Förderprogramms und anderen Interessierten aufzubauen und diese Community mit Rat und Tat zu unterstützen.

2. Die digitale Agenda des Landes Berlin und der Status quo

Das Förderprogramm will sowohl das Berliner digitale Kulturerbe nach außen sichtbar, zugänglich und möglichst frei nachnutzbar machen als auch die Mitarbeiter/innen in den Kulturinstitutionen über entsprechende Weiterbildungen und Workshops dazu befähigen, eine digitale Strategie für ihre Sammlungen bzw. ihre Einrichtungen zu entwickeln.

Die dem Förderprogramm zugrunde liegende Förderrichtlinie[2] legt dabei besonderen Wert auf die „Digitalisierung von herausragenden oder stark nachgefragten Kulturgütern, die repräsentativ für Berlin bzw. für die jeweiligen Kultureinrichtungen sind“[3].
Erklärtes Ziel ist es, die Berliner Kultureinrichtungen zu aktiven Gestaltern ihrer digitalen Praxis werden zu lassen. So stehen folgende Punkte auf der Agenda von digiS:

  • Für die interessierte Öffentlichkeit Zugang schaffen zu Informationen und Objekten des kulturellen Erbes von Berlin,
  • Weitergehende Nutzung der Daten unter einer möglichst offenen Lizenz ermöglichen,
  • Langfristige Speicherung und Sicherstellung der Nachnutzung der Daten,
  • Präsentation der Daten unter anderem in der Deutschen Digitalen Bibliothek,
  • Aufbau von Expertise zur Digitalisierung in den Kultureinrichtungen,
  • Qualifizierung der Projektpartner,
  • Spartenübergreifende Vernetzung der Einrichtungen,
  • Aufbau eines regionalen und bundesweiten Partnernetzwerkes,
  • Mitarbeit an der Weiterentwicklung von Standards,
  • Rechtliche Beratung.

Die eigentliche Digitalisierung ist der einzige Aspekt, der nicht im Rahmen der digiS-Aktivitäten angeboten wird. digiS unterstützt mit technischer Expertise, Beratung und Workshops zur Digitalisierung sowie mit entsprechenden Handreichungen die Kultureinrichtungen darin, Dienstleister zu beauftragen und vor allem die Ergebnisse des Digitalisierungsprozesses zu bewerten. Digitalisierungszentren unterhalten weder digiS noch einer der direkten Kooperationspartner. Diese existieren teilweise an den Berliner Universitäten bzw. Hochschulen und an der Staatsbibliothek zu Berlin.

Die Auswahl der jährlich geförderten Projekte des Förderprogramms wird durch eine unabhängige Jury vorgenommen. Hier finden sich Vertreter/innen aus den Sparten Museum, Archiv und Bibliothek wieder. Damit auch die Perspektive der Nutzer/innen ausreichend bei der Bewertung der Projekte und Digitalisierungsvorhaben vertreten ist, sind 2014 zwei weitere Juroren aus dem zivilgesellschaftlichen Bereich dazugekommen. Positiv auf die Förderchancen wirkt sich aus, wenn ein überzeugendes Konzept für die digitale Zukunft der jeweiligen Einrichtung vorliegt, in das sich das beantragte Projekt schlüssig einfügt.

Zwischen 2012 und 2015 wurden mithilfe des Förderprogramms ca. 550 000 digitale Objekte sowie weitere 100 000 Audio- und Videominuten digitalisiert. Das entspricht 35 Digitalisierungsprojekten in 17 Berliner Kulturerbe-Einrichtungen (Kostenvolumen knapp zwei Millionen Euro).[4] 2016 nehmen 14 Digitalisierungsprojekte aus 13 Berliner Einrichtungen am Förderprogramm Digitalisierung teil. Im Rahmen einer EFRE-Förderung des Landes Berlins wurden zwischen 2013 und 2015 schließlich weitere zehn Projekte in zehn Einrichtungen gefördert. Das Förderprogramm und die Servicestelle Digitalisierung Berlin konnten sich in der Zwischenzeit in der Berliner Kultur-, Wissenschafts- und Forschungscommunity etablieren. Die große Anzahl von Bewerbungen auf die Ausschreibung des Förderprogramms[5], die sehr gut besuchten digiS-Workshops und Veranstaltungen[6], die zunehmende Sensibilisierung der Kulturinstitutionen für Themen wie „Open Data“ und die Bereitschaft der Projektpartner, sich auf Experimente wie den Kulturdaten-Hackathon „Coding da Vinci“[7] einzulassen[8], belegen dies eindrucksvoll.

Ein weiterer messbarer Erfolg des Förderprogramms ist es, dass 2016 das Georg-Kolbe-Museum als eine kleine Berliner Kulturerbe-Einrichtung mit ihrem hoch spezialisierten Bestand als erster Projektpartner von digiS seinen Bestand an Werken Georg Kolbes vollständig digitalisiert und digital zugänglich gemacht haben wird.[9]

2.1 Vernetzen

Im digitalen Raum ergeben sich ganz neue Zusammenhänge und Möglichkeiten. Insofern ist es zu begrüßen, wenn sich Verbundprojekte um eine Förderung bemühen, wie 2014 die Stiftung Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) gemeinsam mit dem Landesarchiv Berlin bzw. wenn Einrichtungen übergreifend kooperieren wie 2016 der Lette-Verein und die Stiftung Stadtmuseum Berlin.

Der Vernetzungsgedanke wird auch über die regionalen Grenzen hinausgetragen. Das Projekt des Theaterwissenschaftlichen Instituts der Freien Universität Berlin hatte unter anderem zum Ziel, zur regionalen und bundesweiten Vernetzung theatersammelnder Einrichtungen beizutragen. In zwei Workshops[10] diskutierten Expert/innen aus Berlin zusammen mit Kolleg/innen aus dem gesamten Bundesgebiet über die normierte Beschreibung von Objekten aus dem theaterhistorischen/theaterwissenschaftlichen Kontext, über rechtliche Themen und Fragen der Langzeitverfügbarkeit.[11]
Die Verfügbarmachung für das bundesweite Zugangsportal für digitale Kulturdaten, die Deutsche Digitale Bibliothek, stellt einen großen Anteil der Arbeit bei digiS dar. Die Deutsche Digitale Bibliothek motivierte 2010 zu großen Teilen die Entwicklung des landesweiten Digitalisierungskonzeptes. Der sich anschließende Transfer- und Ingestprozess an die Deutsche Digitale Bibliothek erfordert ein hohes Maß an technisch-konzeptionellem Verständnis seitens der Partner aus den Kulturerbe-Einrichtungen sowie ein mindestens ebenso hohes Maß an Kommunikation.

digiS kooperiert in allen Aufgaben- und Themenbereichen mit unterschiedlichen regionalen und bundesweiten Einrichtungen und Initiativen. So verschieden diese Partnerschaften auch sein mögen, sie alle tragen durch ihre Fachexpertise zur konstruktiven Weiterentwicklung und Ausgestaltung des Förderprogramms Digitalisierung bei. Die Ziele des Förderprogramms konnten durch das dicht gewebte Partnernetzwerk über den kulturellen Bereich hinaus auch in die Wissenschaften vermittelt werden – damit erhöhte sich die Reichweite des Förderprogramms erheblich.

2.2 Langzeitverfügbarkeit: für die EWIGkeit …

digiS und das Förderprogramm Digitalisierung Berlin stehen für zwei Themen: für öffentliche Zugänglichkeit von digitalen Kulturdaten und für deren nachhaltige Langzeitverfügbarkeit. Neben einer umfassenden Koordinierungs-, Beratungs- und Weiterbildungstätigkeit baut die Servicestelle in enger Kooperation mit dem KOBV (Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg) am Zuse-Institut Berlin Services zur Sicherung der Langzeitverfügbarkeit der produzierten Daten auf.

Diese übergreifende Kooperation im ZIB findet in der neu gegründeten Arbeitsgruppe „Digital Preservation“ ihren Ausdruck. 2015 wurde erfolgreich der erste Meilenstein bei der Umsetzung eines Open-Source-basierten Langzeitverfügbarkeitssystems (LZA) erreicht. Die Gesamtarchitektur der ersten Version des LZA-Systems („EWIG“) sowie das dahinter liegende Datenmodell sind inzwischen ausgearbeitet und veröffentlicht[12]. Ein wesentlicher Aspekt ist hierbei die Universalität des Systems für die unterschiedlichsten Daten aus dem Kulturerbe- und Forschungsbereich. Kernkomponenten der an das OAIS-Referenzmodell[13] angelehnten Architektur sind das Archivierungssystem Archivematica[14], das Speichermanagementsystem iRODS[15] und das Repositorium Fedora/Islandora[16]. Das Land Berlin nimmt über die Servicestelle Digitalisierung Berlin mit der Umsetzung dieses neuen Konzeptes eine Vorreiterrolle im Bereich der Sicherung der Langzeitverfügbarkeit von heterogenen Datenbeständen ein.

… oder die nächsten fünf Jahre – what ever comes first

Nicht verschwiegen werden soll, dass die Langzeitarchivierung trotz der sehr positiven Entwicklung bislang strukturell nicht verstetigt werden konnte. Zwar übernimmt das Land Berlin für die Daten der digiS-Projekte die Sicherung der Langzeitverfügbarkeit, aber nur über einen Zeitraum von fünf Jahren. Was danach kommt, ist (noch) offen.

3. Strategie

Durch die Digitalisierung ihrer Sammlungen haben die Kultur- und Gedächtnisinstitutionen neue Formen des Zugangs sowie in Teilen auch der aktiven Teilhabe und Gestaltung für ihre Nutzer/innen wie auch für die eigene Institution eröffnet.
Im Rahmen der Projekte, ggf. ergänzt um weitere Drittmittel, haben einige Partner ihre Sammlungen inzwischen auch über die eigene Internetpräsenz online zugänglich gemacht, wie die Stiftung Berlinische Galerie, die Stiftung Stadtmuseum Berlin, die Stiftung Zentral- und Landesbibliothek oder das Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit, um nur einige Beispiele zu nennen.[17]

Die Strategie des Förderprogramms Digitalisierung Berlin zielt darauf ab, die Kultureinrichtungen des Landes zu unterstützen, die Möglichkeiten der Digitalisierung zu erkennen, zu verstehen und konstruktiv so zu nutzen, dass sie dank der Digitalisierung auch von neuen Zielgruppen als relevante und kompetente Einrichtung wahrgenommen werden.

Welche „Geschichten“ will man erzählen mit einer dann digitalen Sammlung oder einem digitalen Bestand? Welche Fragen hat man selbst noch an die eigenen Bestände? An welche denkt man selbst als Kurator/in nicht (mehr)? Wie können mithilfe der Digitalisierung neue Themen in den eigenen Daten entdeckt werden? Wie macht man Daten bzw. die Daten der digitalen Objekte verfügbar für ein Netz des Wissens? Welche Fragen sollen Nutzer/innen an diese Daten stellen können? Die kontextualisierte Aufbereitung der Daten aus den Projekten fordert von den Mitarbeiter/innen in den Institutionen immer wieder, sich mit ihrem „Datenkosmos“ auseinanderzusetzen sowie mit der Frage, wie ihre Daten von außen wahrgenommen werden sollen.

Diese Fragen werden definitiv nicht (alle) in den Berliner Projektvorhaben beantwortet oder gar gelöst. Sehr wohl aber sollte sich ein/e Antragsteller/in zu diesen Fragen Gedanken gemacht haben, bevor sie/er sich im Förderprogramm bewirbt und sie/er sollte zumindest einen Teil davon ausreichend – d. h. im Sinn einer digitalen Zukunftsvision – beantworten können.

3.1 Offene Kulturdaten

Nach fünf Jahren Förderprogramm zeigt sich, welche Vorteile den Kulturinstitutionen aus der Öffnung und Verfügbarmachung ihrer Daten erwachsen können und auch, welcher Nutzen aus einer interdisziplinären Zusammenarbeit mit Entwickler/innen, Webdesigner/innen entstehen kann. Die Teilnahme am Kulturhackathon „Coding da Vinci“ hat dies für einige Berliner Kulturerbe-Einrichtungen sehr deutlich gemacht und die teilnehmenden Akteure bestärkt, weiter in diese Richtung zu gehen. „Ich fasse das Thema Offene Daten nun anders an. Statt auf eine allumfassende Strategie für das ganze Haus zu warten, versuche ich, Kuratoren einzeln anhand von Projekten zu überzeugen. Museen können vor vielen Sachen Angst haben, aber nicht vor Coding da Vinci.“[18]

Kulturdaten als Teil einer umfassenden Open-Access-Kultur zu begreifen, als Wissensressourcen, die starke Impulse für Wissenschaft, Forschung und Kreativwirtschaft setzen können, ist auch ein Erfolg des Förderprogramms Digitalisierung. In der vom Berliner Senat am 13. Oktober 2015 beschlossenen Open-Access-Strategie sind Daten und Quellen des kulturellen Erbes ebenfalls berücksichtigt. „Das Land Berlin setzt sich für den offenen Zugang zu und die umfassende Nutzbarkeit von Kulturdaten ein. Der Aufbau von Kreativpartnerschaften zwischen Akteuren aus Kultur, Kunst, Wissenschaft, Bildung, Forschung und Wirtschaft wird im Rahmen der Berliner Open-Access-Strategie unterstützt.“[19] digiS wirkt deshalb unter anderem in den Arbeitsgruppen zur „Nachhaltigkeit“ und zu „Objekten“ des Forschungsverbundes der Digital Humanities (if|dh|b)[20] mit.

3.2 Technische Infrastrukturen

Grundsätzlich fehlt es bisher an technischen Infrastrukturen, um die digitale Langzeitverfügbarkeit von Kulturdaten, aber auch von digitalen Publikationen und Forschungsdaten nachhaltig zu sichern. Dabei lässt sich die Sicherung der Langzeitverfügbarkeit nicht allein auf das Lösen von technischen Fragen beschränken, sondern erfordert gerade auch in den Institutionen hohe konzeptionelle Anstrengungen. Technisch gesehen ist es ein ressourcenintensives Thema, das weder durch die Kultureinrichtungen noch durch einzelne wissenschaftliche Einrichtungen allein umzusetzen ist. Eine solche Infrastruktur könnte auf der Ebene des Landes Berlin in enger Kooperation mit weiteren regionalen Partnern – Bedarf aus Brandenburg wurden bereits mehrfach unter anderem durch die Koordinierungsstelle Brandenburg Digital sowie den dahinter stehenden Arbeitskreis Brandenburg Digital an digiS bzw. an das ZIB herangetragen – und nationalen Initiativen geschaffen werden.[21]

4. Ausblick

Die Sicherstellung der Nutzbarkeit und Nachnutzbarkeit des Rohstoffs „Digitale Kulturdaten“ erfordert weitere unterstützende Maßnahmen.

Anzustreben sind die Verstetigung von digiS und die Erweiterung des Förderprogramms Digitalisierung. Digitale Kulturdaten machen nicht an Ressortgrenzen halt – es gibt sie überall! Und sie werden domänenübergreifend als „Rohstoff des 21. Jahrhunderts“ und damit auch als Motor für die Weiterentwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung begriffen und sollten in diesem Sinn verfügbar sein. Daher ist es sinnvoll, das Förderprogramm und das Mandat von digiS mit einem ressortübergreifenden Ansatz weiter auszubauen. Die zunehmende Zahl von Projekten aus dem wissenschaftlichen Umfeld könnte dazu führen, dass es perspektivisch eine übergreifende Finanzierung zur nachhaltigen Digitalisierung in Berlin gibt. Damit könnten die digitalen Sammlungen verschiedenster Kultur- und Wissensbereiche nachhaltig nutzbar und zugänglich gemacht werden.
Generell könnte die Förderrichtlinie Digitalisierung so erweitert werden, dass die Entwicklung von digitalen Strategien und prototypischen Anwendungen gefördert wird. Inzwischen ist bereits ein größerer Pool an Daten des kulturellen Erbes in Berlin aufgebaut worden. Einige der am Förderprogramm teilnehmenden Einrichtungen beginnen damit, ihre institutionsweite digitale Strategie konzeptionell aufzubauen und wollen auf diesem Weg begleitet werden. Ein entsprechender Ausbau der Förderkriterien wäre hierfür zielführend. Dass es begleitend einer stärkeren Betonung des Themas „offener Daten“ bedarf, versteht sich von selbst. Nur mit entsprechend offenen Lizenzen ist eine wirkliche Nachnutzung der Daten auch für wirtschaftliche Zwecke möglich.

Damit Kulturdaten für die verschiedensten Anwendungszwecke in Forschung, Bildung und Wissenschaft, in der Wirtschaft und im gesellschaftlichen Interesse genutzt werden können, bedarf es entsprechender Plattformen, die den Zugriff auf diese Daten über entsprechende Schnittstellen ermöglichen. Mit Blick auf die Region Berlin-Brandenburg ist die Erarbeitung einer gemeinsamen langfristigen Strategie zur dauerhaften Sicherung der Verfügbarkeit von mit öffentlichen Mitteln geförderten Kultur-, Forschungs- und Wissenschaftsdaten zu empfehlen.     

 
[1] Das Zuse-Institut Berlin wurde 1984 auf Basis des „Gesetzes über das Zentrum für Informationstechnik“ vom Land Berlin eingerichtet (vgl. www.zib.de/institute/organization/law, letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[2] Vgl. www.servicestelle-digitalisierung.de/objects/public/F%C3%B6rderrichtlinie%20Digitalisierung%20Berlin%202016.pdf (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[3] Förderrichtlinie Digitalisierung von Objekten des kulturellen Erbes, August 2015, S. 3.
[4] Vgl. www.servicestelle-digitalisierung.de/confluence/pages/viewpage.action​?​pageId​=​8945680 (Letzter Aufruf: 13. 08. 2015).
[5] Im Jahr 2013 hätte z. B. die fünffache Summe der zur Verfügung stehenden Fördermittel für die 50 beantragten Projekte ausgegeben werden können, statt 400 000 Euro also 2,5 Millionen Euro.
[6] Die Teilnehmerzahlen der Workshops belaufen sich durchschnittlich auf 20 Personen, die Jahreskonferenzen von digiS 2013, 2014 und 2015 waren mit jeweils ca. 120 Personen sehr gut besucht.
[7] digiS war gemeinsam mit der Deutschen Digitalen Bibliothek, der open Knowledge Foundation und Wikimedia Deutschland Mitveranstalter des ersten Kulturhackathons in Deutschland (2014 und 2015).
[8] Die Stiftung Stadtmuseum Berlin, die Zentral- und Landesbibliothek Berlin (ZLB) und die Stiftung Berlinische Galerie haben 2014 und 2015 erfolgreich am Hackathon teilgenommen (vgl. http://codingdavinci.de/daten/ und im digiS-Blog www.servicestelle-digitalisierung.de/confluence/pages/viewpage.action?pageId=9273652, letzter Aufruf: 13. 08. 2015).
[9] Bestand des Kolbe-Museums in der Deutschen Digitalen Bibliothek: www.deutsche​-​digi​tale​-​bibliothek.de/searchresults?isThumbnailFiltered=true&query=kolbe​&​facet​Values[]​=provider_fct%3DGeorg-Kolbe-Museum&offset=0 (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[10] Vgl. http://wikis.fu-berlin.de/display/thewidigi/Digitalisierung+theaterhistorischer​+Archive​+Startseite (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[11] Vgl. Portal der Berliner Theaterarchive: www.iti-germany.de/theaterarchive/home/ (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[12] Marco Klindt, Kilian Amrhein: One Core Preservation System for All your Data. No Exceptions!, iPRES 2015 – Proceedings of the 12th International Conference on Preservation of Digital Objects. 2015, S. 101–108. urn:nbn:de:0297-zib-56639.
[13] Vgl. www.iso.org/iso/catalogue_detail.htm?csnumber=57284 (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[14] Vgl. www.archivematica.org (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[15] Vgl. http://irods.org (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[16] Vgl. http://islandora.ca (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[17] Vgl. Stadtmuseum Berlin: www.stadtmuseum.de/sammlung-online-0; Zentral- und Landesbibliothek Berlin – Großstadtgeschichten: www.zlb.de/service/digitale-dienste/projekte/grossstadtgeschichten.html; Stiftung Berlinische Galerie: www.berlinischegalerie.de/sammlung/sammlung-online/; Dokumentationszentrum NS-Zwangsarbeit: www.dz-ns-​zwangsarbeit.de/zeitzeugenarchiv/ (Letzter Aufruf: jeweils 29. 01. 2016).
[18] Vgl. Sebastian Ruff, Stiftung Stadtmuseum Berlin, Coding da Vinci-Partner 2014/15. http://codingdavinci.de/stimmen/ (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[19] Vgl. Open Access Strategie Berlin, 10. Juli 2015, S. 7.
[20] Vgl. www.ifdhberlin.de (Letzter Aufruf: 29. 01. 2016).
[21] Open Access Strategie Berlin, 10. Juli 2015, S. 8.
 
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Zu den Autorinnen

Anja Müller * 1967, Studium der Romanistik und Politikwissenschaft (M. A.) an der Universität Hannover (1994). Weiterbildung zur wissenschaftlichen Dokumentarin an der FH Potsdam (1998). Mitarbeiterin u. a. beim Centre Culturel français Karlsruhe (2000) sowie am Deutschen Rundfunkarchiv Potsdam als Lehrdokumentarin für blinde und sehbehinderte wissensch. Dokumentare und Fachangestellte für Medien und Informationsdienste (2006); Mitarbeiterin in der Mediendokumentation des RBB (2006); Projektleiterin zur Digitalisierung der Audioüberlieferung der Stasi beim BStU (2012). Seit September 2012 Projektkoordinatorin der Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS). Aufgaben: Betreuung der Projektpartner sowie des Partnernetzwerkes des Förderprogramms Digitalisierung Berlin, Projektkoordination, Öffentlichkeitsarbeit.

Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS)
Zuse Institute Berlin (ZIB)
Takustraße 7
14195 Berlin
Telefon +49 30 841 853 63
anja.mueller [at] zib.de (anja[dot]mueller[at]zib[dot]de)
www.servicestelle-digitalisierung.de

Beate Rusch * 1962, Studium der Sinologie, Germanistik und Philosophie (M. A.) an der Freien Universität Berlin (1989). Bibliotheksreferendariat an der Amerika-Gedenkbibliothek Berlin (1995). Seit 1997 wissenschaftliche Mitarbeiterin im Zuse Institute Berlin, zunächst im Projekt „Kooperativer Bibliotheksverbund Berlin-Brandenburg“, danach in der neu gegründeten Verbundzentrale des Kooperativen Bibliotheksverbunds Berlin-Brandenburg (KOBV). Seit 2014 Geschäftsführende Leiterin des KOBV, seit 2012 stellvertretende Projektleiterin der Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS).

Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS)
Zuse Institute Berlin (ZIB)
Takustraße 7
14195 Berlin
Telefon +49 30 841 852 98
rusch [at] zib.de (rusch[at]zib[dot]de)
www.servicestelle-digitalisierung.de
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Links und Downloads

[PDF] Was in der Zwischenzeit geschah - vier Jahre und 49 Digitalisierungsprojekte später: Förderprogramm Digitalisierung und Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS) 2012 bis 2016 
Erläuterung der LizenzCC BY-ND 4.0 International
Namensnennung: Anja Müller und Beate Rusch für die Senatskanzlei - Kulturelle Angelegenheiten Berlin: Was in der Zwischenzeit geschah - vier Jahre und 49 Digitalisierungsprojekte später: Förderprogramm Digitalisierung und Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS) 2012 bis 2016, in: Föderale Vielfalt – Globale Vernetzung: Strategien der Bundesländer für das kulturelle Erbe in der digitalen Welt, eine Publikation der Deutschen Digitalen Bibliothek, hrsgg. von Paul Klimpel und Ellen Euler, Hamburg University Press: Berlin 2016, Seite 38 - 49. CC BY-ND 4.0 International
Bestellmöglichkeiten und Verlagsinformation:
Online frei verfügbar unter: hup.sub.uni-hamburg.de/purl/HamburgUP_DDB2_Vielfalt
             EPUB: ISBN 978-3-943423-35-8
             PDF: 978-3-943423-36-5
Print-on-Demand: € 14,90 bestellbar über den Buchhandel oder den Verlag
             ISBN 978-3-943423-34-1, Softcover, 239 Seiten mit Bildstrecke, 12,8 x 20,8 cm
Weitere Informationen:
             https://blogs.sub.uni-hamburg.de/hup/reihen/kulturelles-erbe-in-der-digitalen-welt/

 

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