Bibliothekarin am Zettelkatalog der Deutschen Bücherei Bild: Rössing, Roger (Fotograf); Rössing, Renate (Fotograf) (1955) Deutsche Fotothek

Metadaten: Kulturelles Erbe zugänglich und erfahrbar machen – Ein Interview

22.10.2015

Der komplexe Bereich der Metadaten gehört zu den zentralen Arbeitsfeldern der Deutschen Digitalen Bibliothek und in einen Arbeitsbereich, dessen Prozesse und Entwicklungen für Außenstehende quasi „unsichtbar“ verlaufen. Dabei ist die Qualität der Metadaten ausschlaggebend, um den Nutzern die digitalisierten Angebote von Archiven, Bibliotheken, Mediatheken und Museen nicht nur „zugänglich, sondern auch erfahrbar“ zu machen. Gemeinsam mit den Kultur- und Wissensinstitutionen arbeitet die Deutsche Digitale Bibliothek an der Anwendung, Anpassung und Weiterentwicklung von Metadatenstandards, um so die Datenbestände nachhaltig aufzubereiten und zu vernetzen.

„Welche Rolle spielen Metadaten in einer vernetzten Welt?“ ist auch eine der Fragen der internationalen Konferenz „Zugang gestalten! Mehr Verantwortung für das kulturelle Erbe“ am 5./6. November im Altonaer Museum in Hamburg. Unter dem Motto „Zukunftsstrategien“ werden die technischen, partizipativen und rechtlichen Fragestellungen und Konzepte diskutiert, die die Zukunft der Digitalisierung des kulturellen Erbes prägen sollen.

Francesca Schulze, bei der Deutschen Digitalen Bibliothek für den Bereich Metadaten und Metadatenentwicklung verantwortlich, hält bei der Konferenz den Vortrag „Datenqualität: Ein Erfolgsfaktor für den Zugang zum deutschen Kulturerbe – ein Blick hinter die Kulissen der Deutschen Digitalen Bibliothek“. Im Vorfeld haben wir mit ihr über die Rolle von Metadaten bei der Zugänglichmachung des kulturellen Erbes gesprochen, die Schwierigkeiten und Herausforderungen in diesem Arbeitsbereich und wie man eigentlich Metadaten-Expertin wird.
 

Bibliothekarin am Zettelkatalog der Deutschen Bücherei (1955), SLUB Dresden/Deutsche Fotothek, Renate Rössing & Roger Rössing

"Bibliothekarin am Zettelkatalog der Deutschen Bücherei" (1955), SLUB Dresden/Deutsche Fotothek, Renate Rössing & Roger Rössing

Das Interview

Die diesjährige Konferenz „Zugang gestalten!“ beschäftigt sich mit Zukunftsstrategien bei der digitalen Zugänglichmachung des kulturellen Erbes und den Herausforderungen, die sich hieraus für Kultur- und Wissenseinrichtungen ergeben. Welche Rolle spielen Metadaten in diesem Kontext?

FS: „Metadaten – und vor allem qualitativ gute Metadaten – sind in der Welt des digitalen Erbes von Kultur und Wissen unerlässlich. Sie sorgen dafür, dass die Bestände der Archive, Bibliotheken, Museen, Mediatheken sowie Denkmalpflege- und Forschungseinrichtungen nicht nur verlässlich zugänglich, sondern auch erfahrbar gemacht werden können. Herausforderungen sind hierbei die kontinuierlichen Entwicklungen im Bereich „Linked Data“ sowie die unterschiedlichen Erwartungen der Nutzer, die längst über das Finden, Identifizieren und Bewerten von Suchtreffern hinausgehen.“

Als Teil des Konferenzprogramms halten Sie einen Vortrag zum Thema Metadatenqualität: Welche Inhalte werden dort vermittelt? Was ist das Ziel des Vortrags?

FS: „Ich möchte gern vermitteln, dass wir Metadatenqualität als eine gemeinsame Aufgabe verstehen sollten, die bei der Erschließung und Digitalisierung von Kulturgut beginnt. Nur mit guten Metadaten können wir erreichen, dass Nutzer mit den Angeboten, die einen Zugang zum digitalen Kultur- und Wissenserbe bieten, zufrieden sind.

Ich werde vorstellen, was Metadatenqualität aus Sicht der Experten in den Netzwerken der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) und Europeana ist und welche Bedeutung das Thema in Anbetracht der verschiedenen Einflussfaktoren und Nutzergruppen hat. Dafür werde ich die verschiedenen Stellschrauben zur Verbesserung der Metadatenqualität in der Prozesskette von der datengebenden Einrichtung, über die Veröffentlichungen in Portalen wie DDB und Europeana aufzeigen, bis hin zu qualitativ hochwertigem „Linked Data“.“

Was ist die größte Herausforderung bzw. Schwierigkeit bei der Arbeit mit Metadaten?

FS: „Das ist vor allem die Heterogenität der Metadaten, die an uns geliefert werden und die wir in ein gemeinsames Metadatenformat überführen müssen. Das ist darin begründet, dass es schon bei der Erschließung der Kulturobjekte unterschiedliche Praktiken in den einzelnen Einrichtungen gibt und mit unterschiedlichen Software- und Datenbanksystemen für die Katalogisierung, Digitalisierung und Metadatenmanagement gearbeitet wird. In einigen Einrichtungen werden beispielsweise institutionsübergreifende Standards für die Erschließung, die Strukturierung und den Export der Metadaten eingesetzt, in anderen wiederum nicht.

Eine andere Herausforderung ist die spartenübergreifende Zusammenarbeit in der Deutschen Digitalen Bibliothek im Bereich Metadaten. Oft ist es notwendig, sich erst mal ein gemeinsames Verständnis zu erarbeiten, was wir mit Metadaten beschreiben und wie.

Archivare haben beispielsweise eine andere Sichtweise als Bibliothekare oder Dokumentare. Hinzu kommt, dass wir datenseitige Anforderungen an unsere Techniker vermitteln, die ja auch wiederum ihre Fachsprache haben. Auf der anderen Seite ist die Kommunikation mit den Einrichtungen sehr wichtig, aber durch die spartenübergreifende Zusammenarbeit im Bereich Metadaten haben wir schon viel erreicht.“

Was sind die Aspekte, die von uns in Zukunft im Bereich Metadaten die größte Aufmerksamkeit erfordern werden? Welche Entwicklungen beobachten Sie mit Spannung?

FS: „Das sind vor allem die Entwicklungen im Bereich von Linked Data und Semantic Web. Auch wenn wir in der Deutschen Digitalen Bibliothek schon zeigen, was möglich ist, wenn wir Daten aus verschiedenen Quellen miteinander verlinken (z.B. auf den Personenseiten: Johann Wolfgang von Goethe), ist das Potenzial noch lange nicht ausgeschöpft. Eine bedeutende Rolle spielen dabei persistente Identifikatoren, damit Objekte der Kultur- und Wissenseinrichtungen weltweit eindeutig identifiziert und somit in der DDB dauerhaft und verlässlich nachgewiesen werden können.

Außerdem ist es wichtig, dass die Einrichtungsdaten mehr Identifikatoren aus kooperativ gepflegten Normdaten und Vokabularen enthalten. So können wir die Auffindbarkeit und institutionsübergreifende Vernetzung der Datenbestände fördern. Ein Ansatz ist es, beispielsweise die Gemeinsame Normdatei  verstärkt auch über die Bibliotheksgrenzen hinweg einzuführen. In dem Bereich ist momentan einiges in Bewegung.“

Und zum Schluss: Wie wird man eigentlich Metadaten-Expertin?

FS: „Ich habe an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften in Hamburg „Medien und Information“ studiert. Gleich nach dem Studium hatte ich am Deutschen Historischen Institut in Moskau die Gelegenheit am Aufbau der Bibliothek und der institutseigenen Online-Angebote mitzuarbeiten. Aber ich habe auch in den klassischen Bereichen der Medien- und Informationserschließung gearbeitet.

Welche Rolle Metadaten und Standards in der Welt der digitalen Zugänglichmachung des kulturellen Erbes spielen, ist mir durch meine Tätigkeit als Datenkoordinatorin im Projekt „European Film Gateway“  (EFG) am  Deutschen Filminstitut – DIF e.V. richtig bewusst geworden.  Hier war ich unter anderem dafür zuständig sogenannte „Mapping-Regeln“ zu formulieren, damit die Datenlieferungen aus den Filmarchiven in das gemeinsame EFG-Metadatenformat überführt und filmbezogene Inhalte im EFG-Portal präsentiert werden konnten.  Ähnliches mache ich bei der Deutschen Digitalen Bibliothek ja jetzt auch, nur eben sparten- und medienübergreifend, mit einem größeren Team und in einem breiteren Netzwerk.“

Vielen Dank!
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Vortrag:

Datenqualität: Ein Erfolgsfaktor für den Zugang zum deutschen Kulturerbe – ein Blick hinter die Kulissen der Deutschen Digitalen Bibliothek
Francesca Schulze (Deutsche Digitale Bibliothek/Deutsche Nationalbibliothek)

Donnerstag, 5. November 2015, 11 Uhr im Hörsaal des Altonaer Museums

Zum Abstract
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Zugang gestalten! Mehr Verantwortung für das kulturelle Erbe – Zukunftsstrategien

Wann:
5./6. November 2015

Wo:
Stiftung Historische Museen Hamburg im Altonaer Museum
Museumsstraße 23
22765 Hamburg
 
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Partner 2015
Die Konferenz wird in diesem Jahr getragen von der Stiftung Historische Museen HamburgDigiS – Servicestelle Digitalisierung Berlin, der Deutschen Digitalen Bibliothek, dem Internet & Gesellschaft Collaboratory e.V., dem Institut Français Deutschland, iRights.info, dem Jüdischen Museum Berlin, der Open Knowledge Foundation Deutschland, der Stiftung Haus der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland, Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Wikimedia Deutschland e.V.

Leitung: Dr. Paul Klimpel

Die Konferenz steht unter der Schirmherrschaft der Deutschen UNESCO-Kommission e.V.
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Rückblick auf unseren Programmbeitrag 2014 (mit Videos): Zugang gestalten 2014
 

 

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