Deutsche Digitale Bibliothek: Vor fünf Jahren ging die Betaversion online

Deutsche Digitale Bibliothek: Vor fünf Jahren ging die Betaversion online

28.11.2017

Von Astrid B. Müller (Kommunikation, Presse, Marketing)

Am 28. November 2012 ging die erste öffentliche Betaversion der Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB) online: Aus diesem Anlass möchten wir Revue passieren lassen, was vorher war und was danach kam.

Als Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Sprecher des Vorstands des Kompetenznetzwerks der DDB, gemeinsam mit Elke Harjes-Ecker (damals Kulturabteilungsleiterin im Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur und Vorsitzende des Kuratoriums des Kompetenznetzwerks der DDB), Matthias Harbort (damals Leiter des für Neue Medien zuständigen Referates beim damaligen Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien und stellvertretender Vorsitzender des Kuratoriums), sowie Jill Cousins (Executive Director der Europeana Foundation) im November 2012 das neue Portal im Alten Museum in Berlin präsentierten, hatte die Deutsche Digitale Bibliothek bereits ihre eigene Geschichte.
 

Hier wird das Video angezeigt.

Aufzeichnung des ursprünglich als Livestream zur Verfügung gestellten Videos der Pressekonferenz zum Betalaunch der DDB am 28. November 2012 (v.l.n.r.): Jill Cousins, Hermann Parzinger, Elke Harjes-Ecker, Matthias Harbort

Die Anfänge der Deutschen Digitalen Bibliothek

Im Dezember 2009 beschlossen Bund, Länder und Kommunen die Errichtung der Deutschen Digitalen Bibliothek und formulierten den gemeinsamen Auftrag, „den kulturellen und wissenschaftlichen Reichtum Deutschlands in seiner ganzen Vielfalt national und international zu präsentieren“ (PDF: Gemeinsame Eckpunkte von Bund, Ländern und Kommunen zur Errichtung einer "Deutschen Digitalen Bibliothek (DDB)"). Im selben Jahr verständigten sich Bund und Länder auf den Aufbau und auf die gemeinsame (jeweils hälftige) Finanzierung (PDF: „Verwaltungs- und Finanzabkommen über die Errichtung und den Betrieb der Deutschen Digitalen Bibliothek“).

Aber auch das ist noch nicht der Anfang:

Im Rahmen der Lissaboner Initiative und noch vor der Ratifizierung des Lissaboner Vertrages (2009), der die Europäische Union demokratischer, transparenter und effizienter machen sollte, definierte die Europäische Kommission auch Strategie und Leitlinien für die Informationsgesellschaft und startete am 30. September 2005 die Initiative „i2010: Digitale Bibliotheken“, mit der „das kulturelle, audiovisuelle und wissenschaftliche Erbe Europas der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden“ sollte. Die „Europäische Digitale Bibliothek“ (European Digital Library, EDL), heute Europeana, das kulturelle Gedächtnis Europas, war geboren.

Knapp ein Jahr später rief die Europäische Kommission ihre Mitgliedstaaten auf, die Digitalisierung und Online-Verfügbarkeit ihrer kulturellen Werke voranzutreiben und die „Europäische Digitale Bibliothek“ zu unterstützen. Es folgte ein Beschluss des EU-Rates im November 2006, in dem die EU-Mitgliedsstaaten beschlossen, in ihren Ländern entsprechende Initiativen und Digitalisierungstätigkeiten zu entwickeln und nationale Strategien und Zielsetzungen auszuarbeiten, um den Reichtum und die Vielfalt europäischer Kultur über (vor allem) eigene nationale Netzwerke mit eigenem Zugangsportal zu bündeln und diese in die Europeana zu integrieren.

Der Prototyp von Europeana wurde bereits am 20. November 2008 gelaunched mit damals 4,5 Millionen Objektverweisen aus über 1.000 beteiligten Organisationen und Institutionen. Heute kann man hier bereits 51 Millionen Kunstwerke, Artefakte, Bücher, Videos und Audios aus ganz Europa entdecken.

Screenshot der Europeana Startseite (27.11.2017)

Viele Länder in Europa haben sich auf den Weg gemacht, ihr kulturelles Erbe zu digitalisieren und online bereit zu stellen – in Italien, in Frankreich oder den Niederlanden beispielsweise. Die Ergebnisse sind so verschieden wie die Menschen und Kulturen dieser Nationen. In Deutschland wird die Deutsche Digitale Bibliothek errichtet, die zugleich der deutsche Teil der europäischen Initiative Europeana wird (Beschluss des EU-Rates vom 13.11.2006).
 
Seit Sommer 2007 arbeitet ein Kompetenznetzwerk, bestehend aus Kultureinrichtungen aller Sparten an dem Vorhaben. Die erste Stufe der technischen Infrastruktur entstand ab 2010 beim Institut für Intelligente Analyse- und Informationssysteme (IAIS) der Fraunhofer-Gesellschaft. FIZ Karlsruhe – Leibniz-Institut für Informationsinfrastruktur verantwortet als technischer Betreiber den gesamten technischen und administrativen Betrieb der zentralen Infrastruktur der DDB – und ist seit 2014 auch Mitglied im Kompetenznetzwerk Deutsche Digitale Bibliothek.

2012 folgte die Freischaltung der ersten Betaversion. Bereits sie bot zahlreiche Inhalte und Funktionen: Über Suchbegriffe kann im Gesamtbestand recherchiert werden, darüber hinaus stehen unterschiedliche Suchfilter bereit. Die auffindbaren Informationen sind mit großer Sorgfalt bearbeitet worden und tragen das Gütesiegel der beteiligten Kultureinrichtungen. Suchergebnisse werden nicht durch kommerzielle Interessen beeinflusst. Umfassend aufbereitete Metadaten machen eine einheitliche Suche in unterschiedlichen Kontexten möglich.

Eine wichtige Funktion der Deutschen Digitalen Bibliothek war schon damals die des nationalen Datenaggregators für das europäische Kulturportal Europeana. „Hinter der Europeana steht die Überzeugung, dass freier, demokratischer Zugriff auf das kulturelle Erbe für alle gewährleistet sein muss, um die mit der Digitalisierung verbundenen Chancen für die gesellschaftliche Entwicklung nutzen zu können,“ erklärte Jill Cousins 2012.

Und wie ging es weiter?

Die Deutsche Digitale Bibliothek wurde weiter ausgebaut: die Projektkoordination (Geschäftsbereiche Technik, Service und Entwicklung) wuchs ebenso wie die Geschäftsstelle (Geschäftsbereiche Finanzen, Recht und Kommunikation). Servicestelle und spartenspezifische Fachstellen wurden ausgebaut und sind heute etablierte Kontaktpunkte für potenzielle Datenpartner und bieten u.a. auf DDBpro, dem Informationsportal für Datenpartner, umfassende fachspezifische Informationen.

2013 wurde die offene Programmierschnittstelle (API) freigeschaltet – ein wichtiger Schritt, mit dem digitale Inhalte frei zugänglich und mit den Methoden des Semantic Web verknüpfbar gemacht werden konnten. Denn ab sofort konnten Nutzerinnen und Nutzer eigene Anwendungen entwickeln und über das API auf Daten der Deutschen Digitalen Bibliothek zugreifen, diese in ihre Anwendungen integrieren und in neue Kontexte einbetten.

2014 schließlich folgte die Präsentation der ersten Vollversion der Deutschen Digitalen Bibliothek. In der Wandelhalle der Gemäldegalerie–Staatliche Museen zu Berlin präsentierten Monika Grütters, Staatsministerin für Kultur und Medien, Brunhild Kurth, Vizepräsidentin der Kultusministerkonferenz und Sächsische Staatsministerin für Kultus, Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz und Sprecher des Vorstands der Deutschen Digitalen Bibliothek, Jill Cousins, Executive Director der Europeana Foundation, sowie Frank Frischmuth, Geschäftsführer der Deutschen Digitalen Bibliothek, gemeinsam die erste Vollversion. Staatsministerin Monika Grütters erklärte damals in ihrer Ansprache vor zahlreich erschienenen Vertretern der deutschen Kultur- und Wissenseinrichtungen: „Es ist mir ein wichtiges Anliegen, dass via Internet nun auch diejenigen angesprochen werden können, die Museen, Bibliotheken, Konzertsäle und andere Kultureinrichtungen eher selten oder gar nicht besuchen. Mit der DDB gewinnen wir neue Chancen, sie mit unserem kulturellen Erbe in Berührung zu bringen, sie dafür zu interessieren und Schwellenängste abzubauen.“

Inzwischen waren bereits circa acht Millionen Datensätze von über 100 Einrichtungen online – und die Veranstaltung wurde mit über 300 Teilnehmern zum bis dahin größten Treffen der Deutschen Digitalen Bibliothek in eigener Sache.
 

Hier wird das Video angezeigt.

Kultur und Wissen online – Thementrailer 02: Präsentation erste Vollversion – Deutsche Digitale Bibliothek.

Im gleichen Jahr begründet die Deutsche Digitale Bibliothek mit ihren Partnern Servicestelle Digitalisierung Berlin (digiS), der Open Knowledge Foundation Deutschland (OKFN) und Wikimedia Deutschland den ersten Kulturhackathon. Unter dem Titel „Coding da Vinci“ wurden ProgrammiererInnen, DesignerInnen und GamesliebhaberInnen eingeladen, gemeinsam mit Kulturinstitutionen erstmals in Deutschland digitale Anwendungen auf der Basis von Kulturdaten zu entwickeln. Der Erfolg der Veranstaltung und der Zuspruch aller Beteiligter gibt den Initiatoren Recht: Kultur und Digitales profitieren voneinander. Mittlerweile eine gute Tradition, wird am kommenden Wochenende (2. Dezember 2017) das vierte Mal die Preisverleihung zum Hackathon stattfinden.

2014 wurde auch das Archivportal-D gelauncht: Unter Federführung des Landesarchivs Baden-Württemberg bietet es seitdem eine archivische Sicht auf die Archivdaten in der Deutschen Digitalen Bibliothek und ist Beweis dafür, „wie gut Daten aus der Deutschen Digitalen Bibliothek weiterverwendet werden können und welchen Nutzen neue Anwendungen haben“, so Hermann Parzinger damals.

Im Jahr 2014 startete die Deutsche Digitale Bibliothek auch einen umfassenden Strategieprozess, als dessen Ergebnis die Ziele und Arbeitsschwerpunkte bis zum Jahr 2020 formuliert wurden. Es geht um nichts weniger als eine übergreifende und nachhaltige Informationsinfrastruktur für die Zugänglichmachung, Vernetzung und Präsentation des Kultur- und Wissenserbes zu etablieren. Für diese umfassende und dauerhafte Aufgabe formulierte die Deutsche Digitale Bibliothek ihre Leitlinien und notwendigen Arbeitsschwerpunkte. Ausgehend von der Vision, die zentrale Plattform für Kultur und Wissen in Deutschland zu schaffen, ist es das Ziel, mehr Kulturdaten in besserer Qualität zu vernetzen und den Ausbau zur Datenplattform zu organisieren (zum Download der Strategie als PDF).

Deutsche Digitale Bibliothek, Kultur und Wissen online: Strategie 2020, Berlin 2016
Deutsche Digitale Bibliothek, Kultur und Wissen online: Strategie 2020, Berlin 2016

Begonnen haben wir 2012 mit 5,6 Millionen Objektnachweisen – jetzt im November 2017 sind es 22,8 Millionen. 88 Datenpartner haben mit uns gemeinsam ein „Mammutprojekt“ – so Hermann Parzinger beim Launch der Vollversion 2014 – gestartet. Heute sind wir eine Gemeinschaft von fast 360 Kulturinstitutionen, die sich ein gemeinsames Ziel teilen: das digitale Kulturerbe so einfach und umfassend wie möglich über das Internet zugänglich zu machen – von jedem Ort, zu jeder Zeit. Wir sind noch lange nicht fertig.

: Anzahl der Objektnachweise in Mio. seit dem vierten Quartal 2012 (Stand 30.09.2017)
Anzahl der Objektnachweise in Mio. seit dem vierten Quartal 2012 (Stand 30.09.2017)

 

 

 

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